: Erziehungsziele nicht erreicht
■ NRW-Landtagsabgeordnete und grüne Jugendpolitikerin Beate Scheffler
taz: Frau Scheffler, mit Ihren Positionen zur antiautoritären Erziehung haben Sie Ihre Parteifreunde vergrätzt. Behaupten Sie als Grüne tatsächlich, daß linke Lehrer rechte Schüler produzieren? Schwören Sie emanzipatorischen Schulkonzepten ab, obwohl konservative Politiker und Pädagogen sie endlich entdecken?
Beate Scheffler: Ich schwöre nicht ab. Ich komme aus der Alternativschulbewegung. Was wir in den 70er Jahren an Gedanken entwickelt haben, war damals in Ordnung und hat auch viel bewirkt. An den Zielen würde ich auch heute noch festhalten: dem selbstbewußten, kritischen, sozial und ökologisch engagierten jungen Menschen. Doch dieses Erziehungskonzept vertreten wir bereits seit 15 bis 20 Jahren. Wenn ich mir dann die Gewaltbereitschaft und nationalistische Gesinnung vieler Schüler angucke, dann ist eine selbstkritische Überprüfung doch selbstverständlich.
Also doch Schuld der Lehrer?
Das Ursachengefüge ist sehr komplex. Wenn ein Kind gewalttätig wird, gibt es viele individuell- biographische Gründe...
...dann können Pädagogen ja gleich einpacken.
Nein, gerade nicht! Aber wir haben die persönliche Beziehung zum Kind unterschätzt. Wir haben uns als Person, als Erwachsene zu stark zurückgenommen, haben unseren Kindern kaum Grenzen gesetzt. Kinder brauchen aber in dieser unübersichtlichen Zeit Normen und Werte, an denen sie sich orientieren, an denen sie sich auch mal reiben und stoßen können.
Ich habe nicht grad den Eindruck, daß unsere Schulen herrschaftsfreie Zonen sind.
Hier liegt eine entscheidende Ursache. Da ist das Konkurrenzdenken und das hierarchische Schulsystem. Trotzdem möchte ich uns Eltern und Lehrer nicht völlig aus der Verantwortung nehmen. Ich weigere mich, ausschließlich äußere Rahmenbedingungen verantwortlich zu machen. Ich will wissen, was auch wir in Zukunft anders und besser machen können.
Bisher haben fortschrittliche LehrerInnen die Verantwortung auf die Institution geschoben. Wenn fehlende emanzipatorische Konzepte nicht an allem Übel schuld sind, was dann?
Ich glaube, daß wir es nicht geschafft haben, Werte und Orientierungsmuster, die wir ja haben – soziale Verantwortung und ökologisches Bewußtsein ist sehr stark verankert bei Linken und Grünen –, unseren Kindern und unseren SchülerInnen identitätsstiftend zu vermitteln. Das ist der Streitpunkt und das Problem. Bascha Mika
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