: Einäugige Justiz
■ Prozeß wg. Flaschenwurf auf "16 E"-Zivis begann vor dem Amtsgericht
auf »16E«-Zivis begann vor dem Amtsgericht
Die hanseatische Justiz geht oft seltsame Wege: So stellte die Staatsanwaltschaft mehrmals Strafermittlungsverfahren gegen Beamte der berühmt-berüchtigten „16E“-Schicht von der „Lerchenwache“ ein, denen vorgeworfen wird, am 27. Juli 1991 Frank Fennel mißhandelt zu haben. Begründung: Der Sachverhalt kann aufgrund „widersprüchlicher Zeugenaussagen“ angeblich nicht aufgeklärt werden. Seit gestern muß sich nun aber Fennel vor dem Amtsgericht verantworten — wegen eben dieses Vorfalls am 27.Juli 1991.
Rückblende: Fennel und seine Frau Julia saßen in jener heißen Juli-Nacht vor der Kneipe Golem, als vermummte Männer vor der Roten Flora ein Transparent zerreißen wollten. Sie wurden von Rotfloristen, auch von Julia, attackiert und zogen sich daraufhin mit ihrem VW-Golf zurück. Als jemand „Vorsicht Faschos“ rief, flüchtete Julia. Plötzlich griffen weitere Vermummte die 23jährige an und zerrten sie in einen VW-Bus. Frank Fennel dachte an eine Entführung durch „Kieztypen“. Er eilte Julia zu Hilfe und warf eine Flasche an den Kopf eines der „Entführer“.
Fennel wurde daraufhin von den Männern aus dem Golf umgerissen, mit Füßen getreten und mit Knüppeln geschlagen. Auf der Fahrt zum Revier und auf der Wache 16 wurde der 27jährige weiter traktiert. Schwerverletzt mußte er in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Fennel erstattete gegen die Polizisten Anzeige wegen versuchten Totschlags, doch die Staatsanwaltschaft stellte die Verfahren ein. Generalstaatsanwalt Arno Weinert sah sich sogar genötigt, das Handeln seiner Herren zu verteidigen.
1Denn in einem von Fennel angestrengten Zivilprozeß waren die Karten anders gemischt: Die Richter signalisierten, Fennel wegen des Vorfalls Schmerzensgeld zusprechen zu wollen. In diesem Verfahren kurz nach Weihnachten verweigerten die „16E“ler die Aussage — bis auf den Beamten Claussen, der behauptete, Fennel sei schon vor dem Vorfall verletzt gewesen.
In dem gestrigen Strafprozeß gegen Frank Fennel sind die Polizisten gesprächiger. Geht es hier doch ausschließlich um den Flaschenwurf von Fennel. Der Prozeß wird fortgesetzt. Kai von Appen
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