: Zeit für ein Gedicht
■ betr.: "Ruinöser Wettbewerb in der Altenhilfe", taz vom 13.1.93
Betr.: „Ruinöser Wettbewerb in der Altenhilfe“, taz vom 13.1.1993
Hiermit möchte ich mich auf den Bericht über die unterschiedliche Behandlung in der Personalabteilung bei staatlichen Heimen oder Heimen vom Diakonischen Werk in der Altenpflege beziehen. Da ich selbst in einem Altenheim vom Diakonischen Werk arbeite, möchte ich mit meinem Gedicht darauf aufmerksam machen, wie sehr wir alle, die wir in der Altenpflege tätig sind, unter Zeitnot leiden. Hella Fahnenschreiber
Zeitnot — Notzeit
Zeit
beherrscht meine Arbeit,
ich pflege
Alte und Kranke
nach der Uhr.
Das Wandern
der Zeiger
setzt das Maß.
Pflegestufe I
Die Zugluft
meines Kommens
hängt
noch im Zimmer
wenn ich gehe.
Pflegestufe II
Es bleibt
so viel Zeit,
daß der Hauch
der Bewegung
zur Ruhe kommt
bevor ich den Raum
wieder verlasse.
Pflegestufe III
Pflege rund um die Uhr
Raum ohne Windzug:
betten, waschen,
Worte,
kein Gespräch,
Zeit-Einteilung.
Trost
ist
nach Ablauf
der zustehenden Zeit
nicht mehr möglich.
Versuch eines Ausbruchs
wird
durch Kontrolle
der Arbeitszeit
verhindert.
Nur am Ende
der Lebenszeit
wird
ein Minimum
zusätzlicher Zeit
eingeschoben.
Windstille.
Fazit,
bezahlte Zuwendungszeit
fördert
die Zeit
der Lieblosigkeit.
Zeitfrage:
Frage nach der Zeit.
Wann ist der Mensch
Mittelpunkt
des Zeit-Geschehens?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen