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Mahnminuten gegen Fremdenhaß

■ Aktionen zum 30. Januar 1933

Stuttgart/Hannover/Bonn (AFP/dpa/epd/taz) – Vor einem Zurückweichen der Demokratie vor rechtsextremen Kräften hat der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, gewarnt. Die Weimarer Republik sei nicht „an zu vielen Rechtsextremisten gescheitert, sondern an zu wenigen Demokraten“, erinnerte Bubis gestern in Hannover auf einer Sondersitzung des niedersächsischen Landtages aus Anlaß des Beginns der NS- Diktatur vor 60 Jahren.

Bubis bedauerte, daß die zahlreichen rechtsextremistischen Überfälle des letzten Jahres „Einfluß auf die Politik in Sachen Asyl gehabt“ gehabt hätten. Wenn aber das Grundgesetz jetzt geändert werde, sei es doch geboten, auch das Staatsbürgerrecht so zu ändern, daß alle in Deutschland geborenen Menschen deutsche StaatsbürgerInnen seien, sagte Bubis. Ebenso forderte er ein Einwanderungsgesetz, „das den Notwendigkeiten von Demographie und Arbeitsmarkt wie auch humanitären Zielen folgt“.

Bundeskanzler Kohl widersprach gestern Vergleichen zwischen Bonn und Weimar. Anders als in der Weimarer Republik werde der Rechtsstaat der Bundesrepublik von der überwältigenden Mehrheit der Deutschen getragen, erklärte er.

Aus Anlaß des 60. Jahrestages der nationalsozialistischen Machtübernahme haben nach Gewerkschaftsangaben Journalisten und Mitarbeiter zahlreicher Druck- und Papierbetriebe gestern ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt. Dem Aufruf der IG Medien folgten in Hamburg unter anderem Beschäftigte in sämtlichen Sendeanstalten des NDR sowie Belegschaftsmitglieder der Hamburger Morgenpost und der Bergedorfer Zeitung. Beim Spiegel gab es eine gemeinsame Aktion von Belegschaft und Hamburger Schauspielern. In Nordrhein- Westfalen beteiligten sich unter anderem Mitarbeiter des WDR, des Druckhauses der Westdeutschen Allgemeinen in Essen und des „Melitta“-Werks in Minden. Auch beim SFB und beim RIAS Berlin kam es zu kurzzeitigen Arbeitsniederlegungen.

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