: Der vierte Polizist
■ Harry Rowohlt demonstrierte im ausverkauften Literaturhaus seine Seelenverwandtschaft mit dem Schriftsteller Flann O'Brien
demonstrierte im ausverkaufen Literaturhaus seine Seelenverwandschaft mit dem Schriftsteller Flann O'Brien
Erkältet und verkatert sei er, beklagte sich Harry Rowohlt einleitend. Mit einem gehörigen Schuß Koketterie, versteht sich, denn dann machte er sich trotzdem genüßlich daran, aus den Geschichten des irischen Schriftstellers Flann O'Brien (Der dritte Polizist) zu lesen. Von Prügeleien und Pöbeleien hat der geschrieben, von einfältigen Damen und übelgelaunten Bauchrednern, und von Dorfkneipen, Inselmythen und Trinkerträumen.
„Durst und andere dringliche Dinge“, hieß nach einem seiner Bücher am Freitagabend im Literaturhaus das Motto im Nachtcafé. Gegen den Durst gab es hier Guinness, gegen den Hunger „Cottage Pie“, „Fried Lamb“ oder „Hering in Oatflakes“, und ab 22 Uhr schließlich O'Brien-Literatur nach Harry Rowohlt-Manier.
Wer nicht mindestens eine Menue-Länge vor der Lesung erschienen war, der stand leider mal wieder vor ausverkaufter Kasse und verschlossenen Türen. Zum Glück für alle allzu Enttäuschten haben die Veranstalter eine Wiederholung des Abends für diesen Donnerstag geplant (Vorverkauf läuft.)
Denen, die schon beim ersten Versuch erfolgreich gewesen waren, präsentierte Harry Rowohlt seine ganz eigene Vorstellung von einer Lesung. Bärtig, bärbeißig und selbstgefällig saß der O'Brien- Übersetzer, der wie jener auch Journalist und Schriftsteller ist, an seinem Lese-Tischchen. Nicht nur vorlesend, sondern auch guinnesstrinkend und rauchend. Sichtlich ein großer Fan des zu ehrenden Iren, mit dessen surreal-absurden Irland-Typisierungen er sich denn auch vor allem selber schmückte. Er las und trank, als ob er, wenn nicht schon der wirkliche Autor, dann zumindest O'Briens Alter-Ego wäre: identifikatorisch bis zum letzten gutturalen Buchstaben in den Anekdoten. Die den Texten innewohnende Trinkerlogik funktionierte er zum Harry Rowohlt- Witz um. Das Publikum aber freute sich und dankte es ihm mit reichlich Lachern - insbesonder für jeden neuen Schluck, den er aus dem Guinness-Glas tat. Dorothea Schüler
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