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Bob Denard, ein professioneller Masochist?

■ Frankreichs Afrika-Söldnerkönig ist freiwillig aus dem südafrikanischen Exil zurückgekehrt und in den Knast gewandert/ „Das Land und die Familie wiedersehen“

Brüssel (taz) – Der berühmteste aller Putschisten macht wieder von sich reden. Bob Denard, ein Franzose, der in den letzten Jahrzehnten in viele Destabilisierungsaffären in schwarzafrikanischen Staaten von Benin bis Zaire verwickelt war und seit Ende 1989 im friedlichen südafrikanischen Exil lebte, reiste gestern nach Paris – und wurde prompt verhaftet. Daß er dieses Risiko einging, wußte er. Er wußte aber auch: Wer ihn verhaftet, riskiert dabei, daß vor französischen Gerichten lauter unangenehme Dinge ans Tageslicht geraten.

Ein enger Mitarbeiter des „Kommandanten Bob“, der ihm gegenwärtig die Memoiren schreibt und daher ungenannt bleiben will, hatte der taz bereits vor einer Woche die Rückkehrabsichten des mittlerweile über sechzigjährigen Kämpen bestätigt. Bob Denard, erzählte er, sei vor kurzem in Pretoria an die französische Botschaft herangetreten, die ihm freies Geleit zugesichert habe – sein französischer Paß ist seit Jahren abgelaufen.

Aber warum sollte Denard in die französischen Gefängnisse wandern wollen? Wurde er doch im Jahre 1991 von einem französischen Gericht zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Es ging um seine herausragende Rolle bei der Rekrutierung von Söldnern für einen – mißlungenen – Putschversuch in Benin, der 1977 die damalige marxistische Regierung des westafrikanischen Landes stürzen sollte. Des weiteren soll Denard für die Ermordung des Präsidenten der Komoren, Ahmed Abdallah, am 26. November 1989 verantwortlich sein, da er damals Chef der komorischen Präsidialgarde war – das meinen jedenfalls Abdallahs Kinder, in deren Auftrag der Staranwalt Jacques Vergès ein Verfahren gegen Denard eingeleitet hat.

Müßte man also schließen, Denard wäre ein masochistischer Vergangenheitsbewältiger? Das bestreitet sein Memoirenschreiber nun ganz energisch. Der „Kommandant“ wolle nur sein Land und seine Familie wiedersehen. Und die Zeitschrift Fire besuchen, die seit Januar 1992 in Brüssel erscheint und die zur Zeit Denards Abenteuer langatmig wiedergibt. Außerdem seien die Finanzen des „Glückskönigs“, wie eine Biographie Denards betitelt ist, in schlechtem Zustand. Denard hoffe auf die Fähigkeiten seines Anwalts Soulez-Larivière, der mit peinlichen Prozessen Erfahrung hat: Er verteidigte bereits die beiden französischen Geheimagenten, die im Jahr 1985 das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“ im neuseeländischen Auckland versenkten; damals erzielte er Freispruch.

Soulez-Larivière hat bereits ein Revisionsverfahren im Benin-Prozeß beantragt und will, daß die am Putschversuch beteiligten Franzosen auf freien Fuß gesetzt werden. Bei einer Wiederaufnahme des Verfahrens will er argumentieren, daß Denard nicht „kriminell“ gehandelt habe, sondern „professionell“, in Erfüllung eines höheren Auftrags. Wer wäre da wohl der Auftraggeber, wenn nicht der französische Staat?

Auch im Komoren-Mordprozeß könnte Denard glimpflich davonkommen. Die beiden Gardemitglieder, die zum Zeitpunkt des Mordes zusammen mit Gardechef Denard im Präsidentenbüro waren, sind inzwischen wieder frei. „Es gab nichts Wesentliches, das eine Anklage hätte stützen können“, sagt Denards Sekretär zur taz. Und daß Klägeranwalt Vergès sich seit seiner Untersuchungsreise auf die Komoren im April 1990 nicht geäußert habe, sei ebenfalls ein gutes Zeichen.

Neben all diesen Affären ist nicht zu übersehen: der Söldnerchef kehrt nach Frankreich zu einem Zeitpunkt zurück, zu dem die regierenden Sozialisten einer verheerenden Niederlage bei den Parlamentswahlen im März entgegensteuern. Eine eventuelle Rechtsregierung in Paris hätte für den erfahrenen Putschkommanditisten möglicherweise neue Verwendung. François Misser

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