: Jetzt wollen's (fast) alle: "Abschalten"
■ AKW Brunsbüttel: HEW kündigen weitere Kontrollen an / Hamburgs Umweltsenator: Betreiber hat korrekt informiert
: HEW kündigen weitere Kontrollen an / Hamburgs Umweltsenator: Betreiber hat korrekt informiert
Die Hamburgischen Electricitäts- Werke (HEW), Betreiber des Atomkraftwerks Brunsbüttel, versuchen sich jetzt in der Offensive. Man werde sämtliche titanverstärkten Rohre im dem Kraftwerk überprüfen, ehe der Reaktor wieder ans Netz ginge, verkündete gestern HEW-Sprecher Johannes Altmeppen.
Doch zu den Hiobsbotschaften über rissige Rohrsysteme in dem AKW gesellen sich weitere schlechte Nachrichten. Dort seien nicht nur die Rohre rissig, erklärte Karsten Hinrichsen, grüner Abgeordneter in Schleswig-Holstein. Auch die Absperrventile, die ein Auslaufen des Reaktors verhindern sollen, wenn die Rohre reißen, sind laut Hinrichsen immer wieder defekt. Mindestens eines dieser Ventile sei nach einer Schnellabschaltung im vergangenen Jahr so stark verbogen, daß es derzeit unbrauchbar sei. Besonders makaber: Bei einem AKW-Unfall könne nicht einmal die Bevölkerung alarmiert werden. Die dafür vorgesehenen Sirenen wurden vom Bund Anfang des Jahres abgeschaltet.
Abschalten, dieses Schlagwort macht nun die Runde. Den rissigen „Skandal-Reaktor“ vom Netz nehmen, dies fordern jetzt die SPD- Fraktion im Kieler Landtag, der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz der Länder, Jo Leinen (SPD), und die schleswig-holsteinischen Grünen. Sogar die „Christlichen Demokraten gegen Atomkraft“ plädieren dafür, den HEW die Betriebserlaubnis zu entziehen.
Dem möchte sich Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt, der Aufsichtsratsvorsitzender der HEW ist, nicht anschließen. Er habe „nicht den Eindruck“, daß dort miserable Informationpolitik betrieben werde, wehrte er gestern bei der Landespressekonferenz im Rathaus ab. Nach seinem Kenntnisstand sei Mitte Januar die erste Schweißnaht mit vermutlich betriebsbedingten Rissen entdeckt worden. „Außer Zweifel“ steht für den Senator, daß die HEW die Öffentlichkeit richtig informiert habe.
Vahrenholt kündigte außerdem an, daß er alles daransetzen wolle, daß auch „nicht ein Hauch eines Verdachtes“ der Falschinformation zurückbleibe. Sollte der HEW-Vorstand allerdings Informationen zurückgehalten haben, könne dies personelle Konsequenzen haben, so der Umweltsenator. Eine Verantwortlichkeit für die Stillegung des AKWs wies Vahrenholt weit von sich. Nicht er, sondern das Kieler Sozialministerium habe dazu die Befugnis. Dessen Sprecher Ralf Stegner ließ gestern verlauten: „Ob und wann Brunsbüttel wieder ans Netz geht, ist zur Zeit völlig offen.“ Vera Stadie
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