piwik no script img

Kudella übt Kopfsprung

■ Über die neue Sitzordnung in der Bürgerschaft

Merkwürdige Dinge tun sich im Hohen Haus am Markt: Da wird eine ganze Verwaltung auf Trab gebracht, da rauchen die Köpfe, brüten ehrwürdige Beamte über Plänen. So geschäftig sieht man die Parlamentsverwaltung nur in Notfällen. So einer scheint auch eingetreten: Dem Präsidenten pressierts. So schnell wie möglich, will Klink eine antifaschistische Glanztat begehen: Die DVU wird auf die hinteren Plätze verbannt!

Und das kam so: Als Peter Nennstiel die DVU-Fraktion verließ, da war der Fraktionsstatus perdu. Und damit die Hälfte der Staatsknete und der Fraktionsgeschäftsführer und das Recht auf große Anfragen usw. Schon machten sich einige Sorgen, daß man vielleicht vorschnell meinen könnte, damit sei das Problem DVU an sich erledigt.

Also, kaum hatte Nennstiel mit Altermann eine Minigruppe gebildet und hatte damit die DVU auf den Vierer ohne Steuermann geschrumpft, da schaltete sich der Präsident ein: Man müsse sowieso prüfen, welche Rechte die Gruppe noch habe, und bei der Gelegenheit könne man gleich mit der Sitzordnung aufräumen. Daß die vorne sitzen dürfen, das ginge ja wohl nicht. Nun wurden Stuhlreihen geschoben und herausgekommen ist halbrechts ein Zweiertisch für die Alermann/Nennstiel-Gruppe (AlterStiel), und schräg davor zwei Zweiertische für die DVU, so weit nach rechts hinten gequetscht, wie es gerade ging. Da habt ihr es, ihr Unwürdigen, mag man da ausgerufen haben, und gedacht: Aus den Augen, aus dem Sinn.

Die Grünen und die FDP waren dagegen, aber erstens gibts bei den Sozis eisenharte Kämpfer gegen rechts und zweitens profitiert doch einer heftig davon: Das ist der CDU-Abgeordnete, der jetzt ein Plätzchen in der ersten Reihe einnehmen darf, nämlich dort, wo Frau Blohm immer so gerne das Deutschlandfähnchen gehißt hat. Gut unterrichtete Kreise wollen Kudella beim Hochsprungüben gesehen haben, weil: Nach der neuen Sitzordnung darf er direktemang vor der Senatsbank Platz nehmen. Da brauchts dann nur noch einen kleinen Hüpfer.

Und die DVU? Die darf sich nach einer Durststrecke von Skandalen freuen, sich endlich mal wieder als die verfolgte Minderheit aufspielen zu dürfen. Diese Rolle beherrscht sie glänzend. Am Ende sind doch alle froh: Die DVU in der Pose der Aufrechten, die Sozis in der Pose der Auflinken und die CDU wegen des Parkettplatzes.

Nur bei den Kleinen wird gemault. Und denen fühlt sich diesmal ziemlich verbunden, Rosi Roland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen