: Bosnien-Plan praktisch gescheitert
Die Clinton-Administration verweigert so lange die Zustimmung zu dem Projekt der Unterhändler Vance und Owen, bis die bosnischen Serben und Muslime ja dazu sagen ■ Aus New York Andreas Zumach
Nach der Ablehnung durch Serben und Muslime am Samstag in Genf ist der Vance/Owen-Plan für Bosnien-Herzegowina nun auch in New York zumindest vorläufig gescheitert. Die Sprecherin von Präsident Bill Clinton erklärte am Mittwoch nachmittag, die US-Regierung werde den Plan so lange nicht billigen, wie die bosnischen Serben und Muslime ihm nicht zugestimmt hätten. Bleibt Clinton bei dieser Haltung, wird es vorläufig auch nicht zu einer Unterstützung des Plans durch den UNO-Sicherheitsrat kommen. Das Kalkül von Cyrus Vance und David Owen wäre somit nicht aufgegangen. Danach könnten die Muslime und dann auch die Serben unter dem Druck von US-Regierung und Sicherheitsrat noch Kompromisse bei der Karte mit den Provinzgrenzen Bosnien-Herzegowinas machen. Hinter der Entscheidung der Clinton-Administration stehen starke Zweifel an der Umsetzbarkeit des Vance/Owen-Plans sowie Bedenken, er benachteilige die Muslime und belohne serbische Aggressionen und ethnische Säuberungsmaßnahmen.
Serbenführer Radovan Karadžić verbuchte die Entscheidung sogleich als Erfolg für sich. Vor Journalisten im UNO-Hauptquartier erkärte er, es sei „klug von Präsident Clinton, jetzt keinen Druck auf die Verhandlungsparteien auszuüben“. Zugleich forderte Karadžić erneut, die nach seiner Darstellung noch umstrittenen 20 Prozent der Provinzgrenzen nicht am Verhandlungstisch festzulegen, sondern in regionalen Referenden darüber entscheiden zu lassen. Der Sprecher von Vance und Owen, Fred Eckard, nannte dies „völlig indiskutabel“. Bosniens muslimischer Außenminister Haris Silajdžić bekräftigte nach Bekanntwerden der Entscheidung der Clinton- Administration die Ablehnung der von Vance und Owen vorgelegten Karte, weil diese die ethnische Teilung Bosnien-Herzegowinas zementiere.
Bei Owen und vor allem bei Vance wächst die Enttäuschung, ja „Verbitterung“ über die Kritik an ihrem Plan und den Vorwurf, sie betrieben „Appeasement-Politik“ wie seinerzeit Neville Chamberlain. Das erklärten enge Vertraute der beiden Unterhändler gegenüber Journalisten. Das Verhältnis zwischen Vance und seinem ehemaligen Vize und jetzigen Nachfolger als Außenminister, Warren Christopher, wurde als „gespannt“ beschrieben. Zwar sei Christopher innerhalb der Clinton-Administration nicht die treibende Kraft der Kritik an Vance. Doch sei er auf „Distanz“ zu seinem ehemaligen Chef bedacht – auch um den Eindruck zu vermeiden, die Clinton- Administration sei „lediglich ein Wurmfortsatz der Carter-Regierung“. In New York und Washington wird nicht damit gerechnet, daß Clinton eine eigene, völlig neue Alternative zum Vance/ Owen-Plan ausarbeiten läßt.
Als wahrscheinlicher gilt, daß der Präsident den Vance/Owen- Plan in der Substanz aufgreifen wird, ihn durch einige Grenzkorrekturen zugunsten der Muslime sowie Verschärfungen der Waffenkontroll- und Demilitarisierungsbestimmungen verändert und ihn dann in einigen Wochen als eigene Initiative der US-Regierung wieder vorlegt. Es wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen, daß Vance und möglicherweise auch Owen ihr Mandat an die UNO bzw. EG demnächst zurückgeben werden.
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