■ Eishockey: Neuer Größenwahn
Rapperswil (dpa/taz) – In der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft macht sich vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land neuer Größenwahn breit. Das Team von Bundestrainer Ludek Bukac gewann in Rapperswil auch das letzte Spiel des Vier-Länder-Turniers gegen den Gastgeber und Cupverteidiger Schweiz mit 3:1 (1:0, 0:1, 2:0) und strich damit die Siegprämie von 50.000 Schweizer Franken ein. Zuvor hatte die deutsche Mannschaft Vizeweltmeister Finnland (5:4) und das Team Kanada (4:1) bezwungen. Im Spiel gegen den WM-Vierten des Vorjahres, dem man seinerzeit im Viertelfinale 1:3 unterlag, erzielten Hantschke (8.), Meyr (55.) und Brandl (60.) die Tore zum hart erkämpften Sieg, den Torhüter Merk letztlich mit seinen Glanzparaden sicherte. Platz zwei belegten die Kanadier, die Finnland zum Abschluß mit 9:4 bezwangen, vor der Schweiz.
„Ein Turnier von dieser Leistungsstärke haben die Deutschen, glaube ich, noch nie gewonnen. Nach dem zweiten Platz beim Deutschland-Cup ist das ein neuer wertvoller Erfolg. Er ist Balsam für unsere etwas strapazierten Nerven“, erklärte Bukac zufrieden. Kurz vor Weihnachten hatte seine Auswahl beim Iswestija-Cup nach deklassierenden Niederlagen den letzten Platz belegt, weil Bukac die Top-Spieler schonte und mit einer völlig überforderten Junioren- Auswahl nach Rußland reiste. Daß die Platzierung in der Schweiz auch ohne die fehlenden neun Düsseldorfer Stammspieler und ohne das Münchner Sturm-Duo Truntschka/Hegen geschafft wurde, machte ihn besonders glücklich. Einziges Manko sei lediglich das Überzahlspiel gewesen. Auf die fünf Debütanten sei ebenso Verlaß gewesen wie auf den „erfahreneren Rest“, auch wenn anzumerken bleibt, daß alle Gegner bei weitem nicht ihre besten Spieler aufgeboten hatten.
„Auf diese Mannschaft können wir sehr stolz sein“, ließ sich auch DEB-Präsident Ulf Jäkel blenden und blickte mit Zuversicht der WM entgegen: „Denn bis auf Rußland haben wir in den letzten Monaten alle guten Eishockey-Nationen schlagen können.“ Aber vor allem die Kanadier hatten nur ein Reserve-Team zum Vier-Länder- Turnier geschickt. Den Spielern selbst war die Bedeutung des Turniersiegs anscheinend klarer, denn anstatt mit dem üblichen Champagner zu feiern, kippten sie nach dem Erfolg nur zwei Fläschchen Bier.
Bukac verteidigte sich nach den drei Begegnungen: „Unser Vorbereitungsplan auf die WM ist nicht chaotisch. Wir haben uns auf eine Linie festgelegt, und die ziehen wir bis zum Ende durch.“ Er hoffe nun, daß bei den am Dienstag wieder beginnenden Bundesligaspielen die WM-Kandidaten von Verletzungen verschont bleiben.
Die Experimentierphase zur Vorbereitung auf die WM ist mit dem Vier-Länder-Turnier nicht beendet. Die nächsten zwei Länderspiele am 25. und 26.März gegen die Schweiz werde man ohne die im Meisterschafts-Endspiel stehenden Akteure bestreiten. „Am 1.April“, erläutert Co-Trainer Franz Reindl die weitere Vorgehensweise, „berufen wir dann 32 Spieler in den WM-Kader.“ Diese müssen sich am 8.April erneut gegen die Eidgenossen sowie in zwei Test-Duellen gegen Rußland am 10. und 11.April bewähren. Anschließend erfolgt die Reduzierung des WM-Kaders auf 26 Akteure, von denen nach den beiden Abschlußvergleichen gegen die USA am 14. und 15.April noch drei ausscheiden.
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