: Verwurstete Pixel-Überdosis
Wer das Plakat der Ausstellung des Museums für Kunst und Gewerbe im Rahmen der Mediale sieht und nicht weiß, was ein Pixel (Picture Element) ist, muß zu der Meinung gelangen, das Museum am Hauptbahnhof stelle Mortadellawürste aus (eine solche stellt nämlich das Plakat dar). Wer dann dennoch in die Ausstellung gerät und nicht weiß, daß ihm hier „Orientierungshilfen“ im neuen medialen Reizbombardement gegeben werden sollen, wähnt sich schnell in einer weiteren Kommerzmesse.
Da dürfen unzählige Fernsehsender auf eigenen Monitoren und unter großen Firmenlogi mit ihrer grafischen Arbeit für sich werben. Da können das Computermagazin Page meterlang Werbung für Apple und der Nachrichtenversandkatalog Focus für ihr Patchwork-Layout betreiben. Daneben werden wahllos und kontextlos Architekturprojekte im Computerdesign abgespult: etwa das unsägliche Atlantis 2000-Projekt von Léon Krier oder der ungeliebte, von Oswald-M. Ungers entworfene Museumsbau für Hamburg.
Historisches vermißt man ebenso wie Verbindendes. Weder eine Darstellung über die Mutter allen Graphic-Designs das Media Lab in Massachusetts, noch über die Entwicklungsgeschichte der Bildwelten erleichtern den Zugang. Zwar füllen sich zwei weitere Räume mit Monitoren, auf denen diverse Beispiele die Möglichkeiten der Computergraphik abspulen, aber auch hier fehlen Erklärungen, Verweise, Hintergründe gänzlich, so daß der Besucher nur in ein weiteres Sperrfeuer der Bilder gerät.
Daß medienkritische Positionen in diesem Konzept dann überhaupt keinen Platz mehr finden, versteht sich von selbst. Hier sollen einem die heilsbringenden Erneuerungen der Technik vorgestellt werden. Die Pixel-Überdosis der Ausstellung straft diese schamlose Verführung allerdings mit schnellem Vergessen. Etwas anderes als eine Kraftschau hätte dieses Thema allemal verdient.
tlb
Ausstellung bis 21. März
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen