: "Wohin mit der Eisenstange?"
■ Deutsche Kabarett-Elite gastiert vom 12. Februar bis 7. März auf Kampnagel
gastiert vom
12. Februar bis 7. März auf Kampnagel
Kabarett tut not - besonders in schweren politischen Zeiten. Der böse Witz und das Lachen befreit für kurze Zeit von der drückend erlebten Wirklichkeit. Zudem kann manche Orientierungslosigkeit, gestärkt durch Politiker-Phrasen, durch gutes Kabarett gespiegelt werden und so andere Sichtweisen eröffnen. Das siebte Kampnagel-Kabarett-Festival kann diesen Ansprüchen an die pointierte Redekunst bestimmt standhalten.
Vom 12. Februar bis zum 7. März werden auf Kampnagel insgesamt 16 Beiträge von namhaften Kabarettisten und Kabarettistinnen zu genießen sein. Mit dabei: der Altvater des Kabaretts, Dieter Hildebrandt, die TV-Größen Mathias Richling und Matthias Beltz, die Bochumer Missfits, die Hamburgerin Anja Moritz, der Komiker Erwin Grosche und Klaus Peter Schreiner, einer der wichtigsten Autoren der Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
Geplant war zunächst ein Kabarett-Programm, das sich mit dem neuen Europa auseinandersetzen sollte. Doch aus aktuellem Anlaß — gemeint sind die rechtsradikalen Pogrome in diesem Land — will sich das Festival unter dem wenig originellen Motto Brandzeichen, wieder verschärft mit deutschen Themen beschäftigen.
Ulrich Waller, der das Programm zusammenstellte und bei mehreren Beiträgen auch Regie führte, sieht in diesem assoziationsreichen Titel eine Ambivalenz, denn: „Alle Farben unserer Flagge haben etwas mit Feuer zu tun, bis hin zur schwarzen Asche.“ Wallers Anliegen ist es, im „Mediale-Wirr- Warr“ und zwischen den „Flak- Scheinwerfer-Übungen“ auf der Alster eine Antwort auf die Frage zu finden: „Was kann Kabarett leisten in einer Zeit, wo jeder mit einer Kerze in der Hand rumsteht?“
Die Zeit der Kerzen will auch Matthias Deutschmann beleuchten. Sein Programm Das kleine Fegefeuer will das linke Weltbild, das nicht mehr in die Realität passt, bereinigen und beschäftigt sich mit den Wirrnissen der Sexwelle und der eigenen Konfusion. Eine autobiografische Erinnerung, die Frage also: „Warum ist man eigentlich links geworden?“ Nach dem Blick zurück in Moral folgt die Auseinandersetzung mit den heutigen Zuständen. „Wohin mit der Eisenstange?“, fragte sich Deutschmann während einer Rangelei mit einem Neo-Nazi. Dieses Erlebnis wird im Fegefeuer aufgekocht: „Stangen zu Kerzen oder lieber Eisen zu Revolverkugeln?“
„Hinknallen“ will der Schauspieler und Kabarettist Michael Quast
1sein drittes Soloprogramm Unter Geiern. Love Songs. „Ohne dramaturgische Klammer“ sollen Texte und Musikstücke geboten werden. Quastens Absicht besteht in der Verwirrung, die sich aus dem Kontrast zwischen der leichten, flotten Musik und den schwarzen, zynischen Texten ergibt.
Eröffnet wird das Programm am 12. Februar mit dem Reichspolterabend II, Untertitel: „Fünf Männer kehren wieder“. Mathias Beltz, Achim Konejung, Heinrich Pachl, Arnulf Rating und Horst Schroth stellen die Frage, „warum die deutsch-deutsche Ehe nach über zwei Jahren immer noch nicht vollzogen ist“. Die Antwort wird böse ausfallen.
Annette Bolz
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