: "Weg vom Blut-, hin zum Bodenrecht"
■ Der SPD-Abgeordnete Eckhardt Barthel zog eine Bilanz der zweijährigen Ausländerpolitik unter der Großen Koalition / Bundesratsinitiative zur Änderung des Opferentschädigungsgesetzes geplant
Berlin. Die Berliner SPD möchte Einbürgerungserleichterungen für Nichtdeutsche zum Schwerpunkt ihrer Ausländerpolitik machen. Dazu gehöre, so ihr ausländerpolitischer Sprecher Eckhardt Barthel, die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Änderung der Gesetze „weg vom Blutrecht hin zum Bodenrecht“. Nach Vorstellung seiner Partei sollten die hier geborenen ehelichen und unehelichen Kinder nichtdeutscher Eltern unter anderem dann die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn ein Elternteil deutsch ist oder eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hat. Der Abgeordnete zeigte sich gleichzeitig erfreut über zwei nur in den juristischen Details anderslautende Initiativen auf Bundesebene: Die von den Grünen initiierte Unterschriftenkampagne würde er „jederzeit unterschreiben“, und der von der Bundesausländerbeauftragten Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP) vorgelegte Gesetzestext sei ein „mutiger Schritt“. Aber auch in der CDU sei hier „Bewegung“ feststellbar – neben dem Bundespräsidenten hätte sich auch Eberhard Diepgen für die doppelte Staatsbürgerschaft ausgesprochen.
Um die „auch durch Politiker vorgenommene Ausgrenzung“ der Nichtdeutschen zu beenden, so Barthel weiter, sei das kommunale Wahlrecht ebenfalls ein guter Ansatz. Vor dem doppelten Hintergrund der rassistischen Ausschreitungen und der Vereinheitlichung der EG-Gesetze forderte er die rot-schwarze Koalition auf, sich des Themas neu anzunehmen.
Seine Partei will sich außerdem für eine Berliner Bundesratsinitiative zur Änderung des sogenannten Opferentschädigungsgesetzes stark machen. „Alle Opfer von rassistisch motivierten Gewalttaten“, so Barthel, „sollen unabhängig von ihrem Herkunftsland eine Entschädigung bekommen.“ Bisher wird das nur jenen vergönnt, deren Heimatländer sich nach dem „Gegenseitigkeitsprinzip“ auch im umgekehrten Fall zu Zahlungen an Deutsche verpflichtet haben – also den Trägern weißer Hautfarbe aus Europa oder Nordamerika.
Der SPD-Abgeordnete hofft hier noch auf eine Unterstützung durch die CDU. Gerade im Bereich Ausländerpolitik, bilanzierte er, sei das Verhältnis zwischen beiden Parteien nicht gerade konfliktlos. Zwar habe sich die Atmosphäre inzwischen verbessert, aber von den Koalitionsvereinbarungen sei „wenig abgearbeitet“ worden.
Sind Asylsuchende keine „Härtefälle“ mehr?
Sorgen machte sich Barthel hier auch um das „Beratungsgremium für Härtefälle“, das von Anfang an „einer der großen Streitpunkte innerhalb der Koalition“ gewesen sei. Aus dieser Kommission habe er Hinweise erhalten, wonach die Senatsverwaltung für Inneres zukünftig dort Entscheidungen über das Schicksal von Asylbewerbern nicht mehr zulassen will. „Das hieße“, meinte der Abgeordnete, „daß man den Laden schließen kann“, denn diese Fälle machten 90 Prozent der Arbeit dieses Gremiums aus. Außerdem würden damit „die Koalitionsvereinbarungen faktisch unterlaufen“.
Überhaupt, wußte der Abgeordnete, böte das Ausländerrecht so einigen Spielraum für „Wahnsinn“. Barthels Beispiel: „Ein Pakistani heiratet eine Deutsche. Er bekommt aber keine Aufenthaltsgenehmigung, weil er als Asylbewerber eingereist ist. Er muß also zurück nach Pakistan, um sich dort ein Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung zu holen und wieder einzureisen. Jede Logik sagt uns: Das ist doch hirnrissig.“ Hier hoffe er ebenfalls auf eine Änderung auf Bundes- oder Landesebene. Ute Scheub
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