: Angst statt Handeln
KOMMENTAR
Angst statt Handeln
Hamburgs SPD hat papiertigermäßig einen gewaltigen Satz nach vorn gemacht: Der am Montagabend vom Landesvorstand beschlossene Leitantrag C1 zur Verkehrspolitik für den kommenden Landesparteitag bedeutet den überfälligen Anschluß der Nordlichter an die verkehrspolitischen Forderungsstandards der Genossen anderswo. Erstmals wird das Auto wirklich als Haupthindernis für stadtgerechte Mobilität und Lebensqualität erkannt, eine Umverteilung von Verkehrsraum für andere Verkehrsmittel gefordert und eine Verkehrspolitik angestrebt, welche die Förderung von Fußgängern, Radlern und ÖPNV durch Einschränkungen fürs Auto begleitet.
Dennoch ist Hamburgs SPD wieder einmal dabei, eine große Chance zu verpassen. Aus hysterischer Angst vor autobesessenen Investoren und Großunternehmen durfte der Reißwolf dem mutigen Papiertiger die wichtigsten Zähne und Klauen ziehen. Ob Angsthase und Autofahrer Voscherau mit dieser Strategie gut beraten ist? Moderne Teile des Unternehmerlagers setzen längst auf die autoarme Stadt, selbst Kaufhauskonzerne basteln an Warenbringesystemen und stadtverträglichem Zubringerverkehr. Irrtum zwei: Voscheraus nur allzu berechtigte Angst, er werde ja doch nie einlösen, was er verspreche, wird nicht dadurch gegenstandslos, daß man nette Überschriften anbietet, alle konkreten Maßnahmen aber mit dem Zusatz „wird geprüft“ versieht.
Was unter Notaren noch als solide Absicherung gilt, wird die mündige BürgerIn als Verarschung empfinden. Je weiter sich die Schere zwischen Reden und Handeln öffnet, desto schärfer schneidet sie: Verkehrspolitik, so hat Voscherau einst ebenso ahnungsvoll wie richtig formuliert, kann bald schon Wahlen entscheiden. Die GAL hat allen Grund zur Freude: Mit dieser Art papierener Verkehrspolitik rückt für sie der Sprung über die 10-Prozent-Marke immer näher. Bremen läßt grüßen. Florian Marten
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