: SPD-Vorstand für Verkehrswende
■ Hamburgs SPD will Autolawine stoppen und präsenter erstmals ein geschlossenes Konzept / Voscherau als Bremser
und präsentiert erstmals ein geschlossenes Konzept / Voscherau als Bremser
City-Bahn und Straßenbahn, Tempo 30 auch auf mancher Hauptverkehrsstraße, weniger Parkplätze in der City, Fahrrad- und Busstreifen auf der Straße — nach einer fünfstündigen Debatte einigte sich der Landesvorstand der Hamburger Sozialdemokraten am späten Montagabend auf einen weitreichenden Leitantrag zur Verkehrspolitik, den der SPD-Parteitag am 19. und 20. Februar absegnen soll.
Trotz einer teilweise hitzigen Auseinandersetzung, bei der sich vor allem Stadtchef Henning Voscherau als Verteidiger des freien Parkplatzes und der freien Fahrt hervortat, kam es nicht zu den von manchem erwarteten Kampfabstimmungen. Der vom Arbeitskreis Stadtentwicklung und Verkehr vorgelegte Entwurf wurde in seinen Grundaussagen übernommen.
Damit konnten die verkehrspolitischen Vordenker und Nachdenker der SPD, die Kreise Eimsbüttel, Nord und Altona, die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer JuristInnen sowie das Bürgerschaftsduo Herrmann Scheunemann/ Werner Dobritz erstmals ein Konzept ihrer Denkart auf den Weg bringen.
Das Produkt mußte zuvor allerdings eine zweifache Filterung über sich ergehen lassen, die — anders als beim Schnapsbrennen — für mehr oder weniger heftige Trübungen sorgte: Zunächst hatte der Arbeitskreis Verkehr die teilweise sehr radikalen und konkreten Vorlagen aus Kreisen und Arbeitsgemeinschaften geglättet und verallgemeinert. Zielsetzungen wie etwa die Halbierung des Autoverkehrs oder Vorschläge wie etwa die Sperrung der Innenstadt fürs Auto (innerhalb von Ring 1) wurden fürsorglich gecancelt.
Weichspülerrunde Nummer Zwei dann am Montagabend: Verkehrssenator Eugen Wagner und rechte Jusos, vor allem aber Stadtchef Henning Voscherau zogen der Vorlage weitere Zähne. Voscherau erläuterte der Runde, man sei leider durch Wirtschaftsunternehmen erpreßbar, könne Investoren und Großbetrieben keine Temporeduzierungen oder Parkplatzeinbußen zumuten. So wurde an vielen Stellen das Wörtchen „wird“ durch das unverbindliche „soll“ oder auch, besonders häufig, „wird geprüft“ ersetzt.
Kurz: Die Ziele blieben weitgehend stehen, ihre Umsetzung gelangte unter „Handlungsvorbehalt“. Neben seiner Angst vor der Wirtschaft hatte Voscherau hier ein weiteres Motiv: Man dürfe nicht ankündigen, was man nachher nicht einlösen könne. SPD-Landeschef Helmuth Frahm plagt jetzt die umgekehrte Sorge: „Ich trau dem Frieden nicht. Bei der Umsetzung seh ich Fragen.“
Einige SPD-Verkehrspolitiker setzen jetzt ihre Hoffnungen auf den Landesparteitag, wo in offener Feldschlacht noch der eine oder andere Punkt nachgebessert werden soll. Denn, so zeigte sich bereits bei der Debatte auf dem Weg zum Leitantrag: In der Frage Verkehr gibt es inzwischen einen breiten Grundkonsens in der Partei für eine wirkliche Verkehrswende. Florian Marten
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