: Schulterschluß für Klöckner umsonst?
■ Regionale Stahlkonferenz: Bremer Politik zu einflußlos / Atempause statt Rettung
Fast sah es so aus, als wollten sich die Beteiligten zufrieden in ihren Sesseln zurücklehnen — die akute Klöckner-Krise ist vorbei, die Zeichen für das Vergleichsverfahren stehen auf Grün, der regionale Schulterschluß von Politik, Konzern, Betriebsrat und Gewerkschaft war erfolgreich. IG Metall, Angestellten- und Arbeiterkammer hatten zur Regionalpolitischen Stahlkonferenz geladen: „Wir haben getan, was wir konnten“, signalisierte Senatspräsident Wedemeier. „Das Klöckner-Alleingangskonzept mit einer 20prozentigen Produktionsverringerung ist vorbildlich für alle deutschen Stahlkonzerne“, befand der neue Klöckner-Stahl- Chef Klaus Hilker. Der Betriebsratsvorsitzende Peter Sörgel freute sich über die gemeinsame Linie.
Daß die Klöckner-Krise nicht nur hausgemacht war, ist bekannt. Die Stahlkrise ruft nach einer europäischen Lösung. Mit dem Abbau der Subventionen für die Ruhrkohle ist es da nicht getan, unterschiedliche Meinungen zwischen der IG Metall und dem Klöckner-Vorstand mitsamt Wedemeier waren da vorprogrammiert. Doch so brachte der aus Duisburg angereiste IG-Metall- Vorständler Dieter Schulte die Bremer zurück auf den Boden der Tatsachen: „Blauäugig“ nannte er die Vorstellung, mit einer Reduzierung von 20 % der Rohstahlproduktion habe die Hütte Bremen den entscheidenden Schritt getan — der Kampf finde bei bestimmten Stahlendprodukten statt, nicht beim Rohstahl.
Wochenlang war die Klöckner- Krise in den Schlagzeilen — und Inbegriff der deutschen Stahlkrise. „Die anderen Stahlkonzerne wollten mit dem Außenseiter Klöckner all ihre Probleme bereinigen“, ärgerte Wirtschaftssenator Claus Jäger. Nun sind Stillegungen und Kapazitätsabbau auch bei den Großen — Thyssen und Krupp/ Hoesch — im Gespräch, dennoch könnte Klöckner in Zukunft wieder derjenige sein, der auch bei nationalen Absprachen „auf dem Altar geopfert wird“, so Schulte.
Bislang setzt sich die deutsche Stahlindustrie einfach nicht an einen Tisch — „nationale Stahlkonferenz“ heißt das Stichwort. Wedemeier, der Betriebsrat, die IG Metall fordern sie: Der in der IG- Metall für den Stahlbereich zuständige Dieter Schulte berichtet von Konferenzen in NRW, auf denen Thyssen und Krupp/Hoesch mit dem Wirtschaftsminister über die Situation reden — und Klöckner ist nicht dabei. „Aber hier wird die Lobbypolitik für die EG und Bonn gemacht“, sagt Schulte.
Auch Wedemeier sieht die Gefahr, daß bei einer europäischen Lösung die anderen Stahlerzeugerländer geschlossen eine Meinung vertreten — nur Deutschland nicht: „Da wartet lediglich ein Konzern auf den Untergang des anderen.“ Und daß ausgerechnet der kleine Klöckner-Konzern dabei überleben sollte, ist unwahrscheinlich: „Überleben werden doch die, die politisch stark sind und die Banken im Rücken haben.“ Und da zeigt sich Bremen abgeschnitten: „Die Frage ist, inwieweit sich die Banken aus dem Stahlbereich heraushalten wollen“, so Wedemeier. Und da gebe es — „milde ausgedrückt“ — kaum Infos gegenüber der (Bremer) Politik. „Die einzigen Gesprächspartner sind für uns da die Klöckner-Vorstände in Bremen und Duisburg.“ Bezeichnend, daß die Bremer Politik von dem Klöckner-Vergleich im Dezember durch die Presse erfuhr. Susanne Kaiser
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