: Kampf gegen Verrottung
■ Stadterneuerung und Modernisierung im Wettlauf mit der Zeit: Bausenator Nagel sieht Verfall in Ostberlin gestoppt
Berlin. Entgegen den Alltagserfahrungen von Wohnungssuchenden sieht Bausenator Wolfgang Nagel den „Stadtverfall im Ostteil Berlins gestoppt“. In seiner gestrigen Bilanz zur Stadterneuerung 1992 sagte Nagel, „daß die Jahre 1991 und 1992 die wichtigsten waren im Wettlauf zwischen der Verrottung ganzer Stadtviertel und dem Beginn von Gegenmaßnahmen“. 1992 seien 1,2 Milliarden Mark aufgewandt worden, um die Probleme im Wohnungsbestand und beim Erhalt alter Stadtquartiere durch Instandsetzung und Modernisierung „anzupacken“, bilanzierte der Senator.
Dabei wurden alle in DDR-Zeiten begonnenen Bauvorhaben zu Ende geführt und der Leerstand von rund 20.000 Wohnungen weitgehendst abgebaut. Ebenso wurde die Selbsthilfe von Mietern unterstützt. Nagel räumte ein, daß bis auf den „Rumpfbestand von 2.000 Wohnungen“ keine offiziellen Leerstände mehr beständen. Die Dunkelziffer läge natürlich weit höher.
Nachdem bereits 1991 in rund 8.000 Wohnungen in beiden Teilen der Stadt umfassende Sanierungen durchgeführt und rund 208.000 Wohnungen teilsaniert worden waren, kamen im Jahr 1992 noch einmal fast 100.000 Wohnungen in den Genuß der Fördermittel. Nagel: „Damit ist es einerseits gelungen, den allgemeinen Verfall zu stoppen, andererseits aber auch die wichtigsten Schwerpunkte, etwa die Sanierung historischer Bausubstanzen, wirksam anzugehen.“
Von den 1,2 Millionen Mark Fördermittel entfielen 347 Millionen auf den Westteil der Stadt und 897 Millionen auf Ostberlin. Das entspricht einem Anteil von 78 Prozent für den östlichen Stadtteil – ein notwendiger „Solidarbeitrag“, so urteilte der Bausenator. Die Maßnahmen wurden nach neun verschiedenen Teilprogrammen durchgeführt, vorbei auf die Leerstandsbeseitigung mit 522 Millionen Mark und das Programm „soziale Stadterneuerung“ mit rund 223 Millionen Mark die beiden bedeutendsten Summen entfielen.
Im laufenden Jahr will Nagel die Förderung für kleinteilige Maßnahmen begrenzen, diese könne von den Hauseigentümern – deren Anteil zunimmt – und Mietern übernommen werden. Priorität in der Stadtsanierung aber erhalten weiter die Bezirke im Ostteil Berlins, wo die Festsetzung von fünf Sanierungsgebieten geplant ist. „Die Philosophie der Instandsetzung“, so Nagel, werde zukünftig sein, daß Gelder für Selbsthilfen und eine horizontale Wohnraumsanierung erteilt werden. Ein Substanzsicherungsprogramm werde vom Land Berlin dann in Angriff genommen, versprach der Bausenator. Rolf Lautenschläger
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