Ich bekenne, ich habe gezappt Von Thomas Pampuch

Als Gott die Welt erschaffen hatte – er persönlich ging damals in einem Interview noch davon aus, daß es „siehe da, ...sehr gut“ war –, ruhte er nach dem Streß erstmal ein Weilchen aus. Und da bekam er noch bessere Laune und erklärte flugs den ganzen Tag zum Sonn- und Ruhetag. Es war ja noch kein Arbeitgeberverband da, kein Streibl und auch kein Lafontaine, die ihm ins Werk gepfuscht hätten. In irgendeiner dummen Nachbesserungslaune schuf Gott später das Privatfernsehen. Und siehe da... das war dann leider nicht ganz so gut.

Denn nun war es um die schöne Sonntagsruhe geschehen: „Spiegel TV“ und „Playboy-Show“, Hans Meiser und „Talk im Turm“ brachten in das weiland so verschlafene öffentlich-rechtliche Wochenende Unruhe und Leid. Zwar mühte sich Turmtalker Böhme redlich und hessisch-verknautscht, göttliche Güte und Sanftheit in den Sonntagabend zu bringen, aber es wollte nicht so recht gelingen: Seine Show geriet immer wieder zur ganz irdischen Maulklopperei, die Fetzen flogen, und an Frieden und Wohlgefallen war nicht mehr zu denken, vor allem nachdem er seine schöne Mitmasterin Sandra Maischberger in die Wüste geschickt hatte.

Und Gott machte sich wiederum ans Nachbessern. Wie denn, so sagte er sich, wenn ich nun den Böhme abstrafe. Einmal weil er die schöne Sandra usw., dann weil er den Feiertag nicht heiligt und schließlich, weil überhaupt der Sonntag Höherem und Tieferem vorbehalten sein soll.

Und Gott schuf eine große dicke Milchglasscheibe über einem Tisch und allerlei bläuliche Scheinwerfer, ein komisches Metallrohr unter dem Tisch, eine seriös aussehende Moderatorin namens Sibylle und sprach: Es werde eine Sendung mit wirklichen Menschen, die da über ihre wirklichen Sünden labern, ein jeglicher nach seiner Art. Und er setzte allerlei schräges Gevögel und Gewürm auf den freien Platz hinter die Milchglasscheibe: einen Kinderschänder, dann eine Alkoholikerin, dann einen Fahrerflüchtigen und dann eine Sadomasochistin. Und Gott nannte die Sendung „Ich bekenne“, und das Ganze nannte er „Reality TV“. Und er sah, daß es gut war, weil nun der Böhme mit seiner Talkrunde zum Vorprogramm dieses Schwachsinns degradiert war. Denn der arme Talkmaster mußte jetzt in jeder Sendung das Thema von „Ich bekenne“ ansagen, und so treuherzig konnte er gar nicht gucken, daß nicht ein jeglicher seinen Widerwillen spürte. Gott aber sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alllerlei ungenießbares Kraut und allerlei furchtbare Sendungen, die sich mehren immerfort zu eurer Speise. Und er nahm den Menschen, setzte ihn vor die Glotze und sprach: Du sollst essen von allerlei Böhmen im Angebot, meinethalben auch von diesem Talk im Turm. Aber vom Böhme des Bekenntnis sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du es selbst im Sat.1 bekennen müssen, und diese Sibylle wird so streng und so verständnisvoll schauen, wie sie es jedes Mal tut. Und er sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, ich will ihm eine Gehilfin machen, die immer um ihn sei. Und dann schuf Gott die Fernbedienung zum Zappen und zum Abschalten. Und siehe da, das war sehr gut.