US-Soldaten behalten Privilegien

■ Abkommen über Nato-Truppen in Deutschland beendet nur teilweise Besatzungsrecht

Bonn (taz) – Während die Bundesregierung öffentlich immer wieder die neugewonnene Souveränität anpreist, hat sie im stillen ein Abkommen ausgehandelt, das die Souveränitätsrechte der Bundesrepublik weiterhin deutlich einschränkt. Für die in Deutschland stationierten Truppen von USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Niederlanden und Belgien soll vor allem das deutsche Arbeits- und Umweltrecht auch zukünftig nur eingeschränkt gelten.

Das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut, das am 15.Januar von den Verhandlungsdelegationen paraphiert wurde, steht jetzt in Bonn und den anderen Hauptstädten zur Unterzeichnung und Ratifizierung an. Geht es nach einer starken Minderheit in der SPD-Fraktion, sollte die Bundesrepublik ihre Zustimmung verweigern.

Gegenüber der jetzigen Rechtslage seien zwar „eine ganze Reihe von Verbesserungen“ erreicht worden, sagt der SPD-Abgeordnete Albrecht Müller. Dennoch sei das Besatzungsrecht nicht völlig abgeschafft worden.

„Eingeschränkte Rechte“ für Deutschland bemängelt Müller vor allem im Arbeitsrecht. Deutsche Beschäftigte bei den Alliierten sollen weiterhin im Fall größerer Entlassungen keinen vollen Anspruch auf einen Sozialplan haben. Dies sei „besonders relevant“, meint Müller, weil zur Zeit vor allem bei der US-Armee eine „Riesenbewegung“ im Gange sei. Die Amerikaner lösten nicht nur Standorte auf, sie wechselten auch Deutsche gegen Amerikaner aus, weil dies für sie mit geringeren Lohnkosten verbunden sei. „Verbindliche Zusicherungen zur Erhaltung des Beschäftigtenstandes“, so heißt es auch in der Kabinettsvorlage des Auswärtigen Amtes bedauernd, konnten „nicht erreicht werden.“

Auch die Steuerprivilegien der Amerikaner seien nicht abgebaut worden, kritisiert Müller. Die Soldaten der Verbündeten in Deutschland könnten nach wie vor in eigenen Geschäften mehrwertsteuerfrei einkaufen und blieben von der Kfz-Steuer verschont. Die deutschen Umweltvorschriften sollen ebenfalls weiterhin nur eingeschränkt gelten. Beispielsweise müssen Autos die deutschen Lärm- und Abgasvorschriften lediglich soweit erfüllen, „soweit dies nicht unverhältnismäßig ist“.

Das Auswärtige Amt selbst beklagte den eigenen Mißerfolg. Auch „die letzten Versuche, auf politischer Ebene bei der US-Administration weiteres Entgegenkommen zu erreichen“, hätten „keinen Erfolg“ gezeigt, heißt es in der Vorlage. Dennoch empfahl das Außenamt Zustimmung: Ohne das neue Abkommen würde es „beim bisherigen, sehr viel unbefriedigenderen Rechtszustand“ bleiben.

Es bestehe überdies „die Gefahr“, so heißt es in dem Papier, daß bei Neuverhandlungen die Clinton-Administration die alte Forderung der Demokratischen Partei nach burden sharing neu erheben und die Zahl der in Deutschland stationierten Soldaten weiter reduzieren könnten. Unter die Zahl von 70.000 bis 100.000 Soldaten, die die Amerikaner nach jetzigem Stand weiterhin stationieren wollen, will die Bundesregierung jedoch nicht gehen – seien doch die Truppen die „Brücke“ der „transatlantischen Gemeinschaft“.

Für den SPD-Abgeordneten Müller sind das „hohle Worte“. Zur „Beruhigung der deutschen Nachbarn“ seien die US-Truppen vielleicht hilfreich, räumt er ein. Doch dafür genüge „eine symbolische Präsenz von 20.000 Leuten“. Hans-Martin Tillack