: Kraftloses Liebesdrama
■ Kay Kuntzes Opernregie Orpheus und Eurydike blieb hinter dem eigenen Anspruch der "Medienreflexion" zurück
blieb hinter dem eigenen Anspruch der »Medienreflexion« zurück
Gegeben wurde das griechische Liebesdrama Orpheus und Eurydike. Zur Oper vertont 1762 von Christoph Willibald Gluck, dem Multi- Produzenten und Opernreformer des 18. Jahrhunderts. Mit seiner Inszenierung des mythologischen Dramas in der Hochschule für Musik und Theater erwarb sich Kay Kuntze sein Regie-Diplom.
Kuntze, dessen recht konventionell in Szene gesetztes Spielstück an die Mediale angedockt ist, geht es um „die Bestimmung des Künstlers in einem Ganzen“. In der Aufführung wird dies nicht deutlich. Kuntze läßt Orpheus, in der Mythologie ein begnadeter Sänger und Musiker, nie an seiner Selbstbestimmung als Künstler zweifeln. Irmelin Goedecke (Alt), die den Part des Orpheus zu verhalten singt, akzeptiert brav die verhängnisvolle Bedingung des Gottes Amor, die Gattin im Hades nicht anschauen zu dürfen, um die Tote so zurück ins Leben zu holen.
Die von dem Nachwuchs-Regisseur angekündigte Medienreflexion deutet sich erst im dritten Akt an. Ein Film in Video-Clip-Ästhetik zeigt dem Publikum Orpheus' Erinnerungen an Eurydike. Als Reflexion ist dieser Einschub jedoch nicht geeignet, und neu ist im übrigen das Verwenden von filmischem Material im Theater auch nicht gerade.
Im vierten Akt wird es ernst und komisch zugleich. Orpheus hat mittlerweile die Forderung Amors nicht durchhalten können und Eurydike, die von der Sopranistin Dagmar Meiler vergleichsweise spannungsreich dargestellt wird, verloren. Die Geschichte ist zu Ende. Dann aber folgt die Reflexion faustdick: Das Bühnenbild (von Matthias Schmidt) zeigt ein Theater des 18. Jahrhunderts. Dieselbe Geschichte wird im Stil einer Opera buffo im Kurzzeit-Raffer und mit Kinderbesetzung noch einmal durchgehechelt.
Dieses kleine Stück Kasperltheater im Opernstück, das für Erheiterung im Publikum sorgte, mag als Medien-Reflexion durchgehen und auch als Verweis auf die Reformbestrebungen Glucks dienen. Denn erst Glucks kompositorische Nachbearbeitung von Orpheus und Eurydike im Jahre 1774 kam gut an: Die vom ihm verfochtene Reform zugunsten der Oper im französischen Stil wurde vom Publikum damals abgelehnt.
Insgesamt unterhielt die Inszenierung nur mäßig. Oft fehlte die führende Hand der Regie, Längen entstanden. Die Idee einer Nebenbühne wurde nicht stringent eingebunden und die musikalischen Leistungen blieben hinter dem Möglichen zurück. Um das schreckliche Liebes-Drama angemessen zu transportieren, fehlte der Inszenierung die Kraft. Annette Bolz
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