piwik no script img

Lastwagen als Sekundenzeiger

■ Das Design für ihre „Swiss Watches“ entwerfen die Kunden

Jetzt, da Berlins öffentliche Uhren machen, was sie wollen, ist sie wichtiger denn je: die Armbanduhr. Imageträchtig war sie schon immer. Bis in die siebziger Jahre hinein gab es eher klobige Modelle, je fetter, je besser. Vor rund zwanzig Jahren traten dann metallene Gliederarmbänder – die an den Handgelenkhaaren immer so gemein ziepen – ihren Siegeszug an. Die Achtziger, geprägt durch eine Konsum- und Luxuswelle, brachten eine neue Generation von Armbanduhren: die Swatch. Ihr Hauptbestandteil ist ein robustes Standard-Uhrwerk, mit dem Hunderte verschiedener Armbänder kombiniert werden können. Schließlich gingen die cleveren Designer in Lausanne dazu über, auch das Zifferblatt zu gestalten. Es entstand die Pop-Swatch.

Die Idee, die Kunden ihre Uhren selbst entwerfen zu lassen, hatte der Düsseldorfer Joachim Jednoralski schon vor zehn Jahren. Inzwischen ist er Geschäftsführer der Swatch-Tochter Swiss Watch Marketing, die das Design den Käufern überläßt. „Wir können eigentlich alles verwirklichen“, erklärt Frank Petznick, Berlin-Vertreter von Swiss Watch Marketing. „Die Kunden kommen zum Beispiel mit ihrem Firmenlogo zu uns, wir stellen die Druckplatte her und schicken sie in die Schweiz zu Swatch. Nach vier Wochen ist die Uhr beim Kunden.“

Inzwischen gibt es eine ganze Kollektion von Swiss Watches, unter anderem von Lufthansa und den Fernsehsendern ORB, Premiere und Sat 1. Auftraggeber, die nur kleine Auflagen bestellen, geben sich mit dem Design besonders viel Mühe: Die Vorlage für hundert Uhren mit den Buchstaben VAP auf dem Zifferblatt, die der „Verein der Ausländischen Presse“ orderte, wurde aus ausgeschnittenen Titeln ausländischer Zeitungen zusammengeklebt.

Auf der Uhr zur WDR-Serie „Lindenstraße“ tickt ein winziges blauweißes Straßenschild im Sekundentakt über das Zifferblatt. Auch Speditionsfirmen machen sich den Clou der Swiss Watches zunutze, nämlich die Möglichkeit, den Sekundenzeiger individuell zu gestalten. Was bietet sich da eher an, als ständig einen winzigen Lastwagen über das Zifferblatt rasen zu lassen? Franz Petznick nennt die Zeiger-Idee „die magische Sekunde“. Für ihn ist das Produkt „ein exklusiver Image-Artikel für Branchen, für die früher Kugelschreiber oder Feuerzeuge mit dem Firmennamen das Höchste der Gefühle waren“.

In Auflagen ab fünfzig Stück kostet eine Uhr in Ein- oder Zweifarbdruck knapp fünfzig Mark. Wenn die Druckplatte komplizierter sein soll — auch Vierfarbdruck ist möglich — wird die Swiss Watch kostspieliger; dann gibt es erst über eine höhere Auflage wieder Rabatt. Auch Einzelstücke können bestellt werden, und zwar nicht nur normale Armbanduhren, sondern auch sogenannte „hochwertige Chronographen“ (eine etwas üppiger ausgestattete Stoppuhr). Für die muß man aber schon etwas mehr anlegen: bis zu mehreren tausend Mark. Elmar Schütze

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen