CDU-Staatssekretär für Autobahn-Vignette

■ Autofahrer finanzieren Berliner S-Bahn/ Stadt braucht jährlich zwei Milliarden Mark gegen die Klimakatastrophe

Berlin. Als erster Berliner Politiker begrüßte gestern Umweltstaatssekretär Lutz Wicke (CDU), daß Bundesverkehrminister Günther Krause (CDU) die Gebühr 1994 einführen will. „Man kann darüber streiten, ob die Plakette der richtige Weg sei“, sagte Wicke auf einer Pressekonferenz zum Thema Energieeinsparung, „auf jeden Fall ist es richtig, den Autofahrer zur Kasse zu bitten.“ Denn der PKW- und LKW-Verkehr sei nicht nur maßgeblicher Verursacher der Luftverpestung, sondern trage auch in erheblichem Umfang zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei – zur sogenannten Klimakatastrophe.

Indirekt kritisierte der CDU- Staatssekretär den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen und andere Parteimitglieder der CDU, die sich – wie auch Politiker der SPD und der Grünen – zum Teil grundsätzlich gegen Autobahngebühren, auf jeden Fall aber gegen Gebühren auf der Stadtautobahn ausgesprochen hatten. Wicke bezweifelte zwar nicht, daß sich Verkehr von den Stadtautobahnen auf die Stadtstraßen verlagern werde, „nicht aber in dem Ausmaß, wie es dargestellt wird“. Außerdem sei die Vignette nur eine Übergangslösung, bis Maut erhoben oder die Mineralölsteuer erhöht werden, sagte der zweite Mann der Senatsverwaltung für Umwelt.

Der Staatssekretär schlug gestern Möglichkeiten vor, in Berlin der Autoverkehr zu vermindern, „die aber mit dem Verkehrssenator abgestimmt werden müssen“. Wicke hatte im Januar in New York an einer Tagung teilgenommen, auf der sich Vertreter des Klimabündnisses – ein Zusammenschluß von mehreren Dutzend Städten, die bis zum Jahr 2010 ihren Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid um die Hälfte reduzieren wollen – getroffen hatten. Auf der Konferenz war über die vorbildliche Politik bestimmter Städte berichtet worden wie etwa Amsterdam, wo der Verkehr zu einem Viertel mit dem Fahrrad bewältigt werde. In Zürich hätten Bus und Straßenbahn mittlerweile einen Anteil von 42 Prozent, und eine brasilianische Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern habe ein Bussystem entwickelt, das so leistungsfähig wie die U-Bahn sei. Die Norweger erheben mit Hilfe eines elektronischen Systems automatisch Straßenbenutzungsgebühren.

Um das von Berlin gesteckte Ziel zu erreichen, ein Viertel des Treibhausgases Kohlendioxid einzusparen, seien jährlich Landesmittel in Höhe von zwei Milliarden Mark notwendig. Damit solle in den Bereichen Haushalt, Industrie und Verkehr die nötige Energieeinsparung erreicht werden. Wenn mit der Autobahn-Gebühr die Deutschen Bahnen saniert werden, fließe das Geld auch in die Instandsetzung der Berliner S-Bahn, sagte Wicke gegenüber der taz.

Den Vorschlag sozialdemokratischer Umweltpolitiker, den Autoverkehr bis zum Jahr 2010 zu halbieren, unterstützt Wicke allerdings nicht: „Die verbreiten nur Illusionen.“ Dirk Wildt