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Gerontenmodell Wedemeier

Soll doch einer sagen, daß Greise nicht fruchtbar seien. Kaum hat die Bremer Geronteninitiative das Kapitänsmodell für die SPD kreiert, schon wird es praktiziert: Wedemeier wird Landesvorsitzender. Alle Macht dem Bürgermeister!

Am Montag wird der SPD-Ortsverein Mitte beschließen, daß die alte Unvereinbarkeit von Senatsamt und Landesvorsitz aufgehoben werden soll. Dann haben die Unterbezirksvorstände das Wort und dann Wedemeier, der sich erklären wird, wenn er Bescheid weiß.

Seine Aussichten sind so schlecht nicht. Zwei Lager stützen ihn: Da sind die blauäugigen Optimisten, die wirklich daran glauben, daß Kapitän Klaus das SPD-Schiff wieder in tiefes Fahrwasser steuert, dazu kommt das Lager der Verprellten, besonders aus dem Bremer Westen, die beim Kapitänsmodell mehr an Tanker und die Shetlandinseln denken.

Insgesamt jedoch beginnt die SPD sich darauf einzurichten, daß Wedemeier die Halbzeit überlebt. Die jüngste Meinungsumfrage wird deutlich machen, daß die Bremer SPD eine beständige 30%-Partei geworden ist. Alle Ampelparteien dümpeln bei ihren alten Prozentsätzen. Wenn es nicht schlechter kommen kann, dann kann auch Wedemeier bleiben.

Seine Wahl zum Landesvorsitzenden signalisiert, daß die SPD sich mit ihrer Schwäche abgefunden hat und mit dem Drittelkandidaten zufrieden ist. Das überfordert nicht und schafft auch Ruhe. Die Unruhekandidatin Pensky stört da nur. Frauen mit Sendungsbewußtsein sind den Genossen eh suspekt.

Mit dem Ampelmann Wedemeier kann die Partei bleiben was und wie sie ist: eine ruhige und duldsame Koalitionspartei. Schließlich verbietet es das Amt als Ampelmoderator, gegenüber den Koalitionären Parteibiß zu zeigen. Die SPD wird unter ihm nicht mehr fordern, als die Ampel zuläßt. Etwas anderes wäre Personenspaltung. Und sollte das am Ende nach der nächsten Wahl zum Bürgerblock führen, so wären manche Genossen auch zufrieden. Für sie gehört zum Neuanfang die Oppositionsbank. Die aber wird mit Wedemeier am ehesten erreicht. Thomas Franke

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