: Dreckige Wäsche im „Republikaner“-Milieu
■ Ex-Stadtrat Freese will polnische Ehefrau abschieben lassen/ Anwalt der Frau: Politiker nutzt Machtverhältnisse aus
Berlin. Bis vor kurzem fiel Michael Freese (36), Mitglied der rechtsextremen „Republikaner“ (Rep), lediglich durch seine politischen Äußerungen auf. Weil er im vergangenen Jahr als Wirtschaftsstadtrat des Bezirksamtes Tiergarten öffentlich die Oder-Neiße- Grenze in Frage gestellt hatte, war er schließlich durch eine Mehrheit von SPD, CDU und AL in der Bezirksverordnetenversammlung abgewählt worden. Doch schon wieder steht Freese, der von Beruf Rechtsanwalt ist, im Rampenlicht der Öffentlichkeit.
Anlaß ist diesmal ein laufendes Scheidungsverfahren, in dem das Rep-Mitglied offenbar versucht, sich seine polnische Ehefrau Marlena Freese vom Leibe zu schaffen. Aufgrund der „Art und Weise, wie sich ein Berliner Politiker aus persönlichen Gründen die Abhängigkeit“ seiner Ehefrau zunutze mache, wandte sich nun der Anwalt von Freeses Gattin, Andreas Warning, an die Presse. Ehemann Freese, so sein Vorwurf, habe in einem Schreiben an das Landeseinwohneramt, Abteilung Ausländerangelegenheiten, den Eindruck erweckt, seine Ehe sei gescheitert und die Ehepartner lebten seit längerem getrennt. Der Anwalt von Marlena Freese stützt sich dabei auf einen Bescheid des Landeseinwohneramtes, Abteilung Ausländerangelegenheiten, vom 6. Juli 1992. Darin heißt es unter anderem, daß Michael Freese die Behörde darüber informiert habe, daß die Ehe nicht zu „einer dauerhaften ehelichen Lebensgemeinschaft geführt hat“. Außerdem habe er „jetzt mitgeteilt, daß sie bereits seit März 1990 auf Dauer getrennt leben“.
Ausländergesetz lädt zum Mißbrauch förmlich ein
Die Mühlen der Bürokratie mahlten diesmal nicht langsam: Drei Monate später, am 26. Oktober, kam wiederum Post – von derselben Abteilung erhielt Marlena Freese die Aufforderung zur Ausreise. Ein Eilantrag gegen die drohende Abschiebung wurde mittlerweile vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Gericht, so Frau Freeses Anwalt Andreas Warning, sei dabei fälschlicherweise davon ausgegangen, daß die Parteien bereits rechtskräftig geschieden seien. Dem sei jedoch nicht so: Noch bis vor kurzem habe Michael Freese seine Frau aufgefordert, mit ihr in den Urlaub zu fahren. Darüber hinaus halte er sich fast täglich in der ehelichen Wohnung auf.
Obwohl Frau Freese gegen die Scheidung in erster Instanz, die im Oktober 1992 von Michael Freese vor dem Familiengericht Charlottenburg gewonnen wurde, Berufung beim Kammergericht eingelegt hat, ist ihre rechtliche Ausgangslage durch den Schritt des „Republikaner“-Mitgliedes denkbar schlecht: Nach geltender Rechtslage kann die Dreißigjährige nun jederzeit ausgewiesen werden. Denn mit Deutschen verheiratete Ausländer erhalten nur dann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, wenn die Ehe länger als vier Jahre andauert. Die Ehe der Freeses wurde aber erst im September 1989 geschlossen.
Für Rechtsanwalt Warning zeigt der Fall „die völlig unzureichenden gesetzlichen Regelungen. Hier kommt es immer wieder zu unerträglichen Abhängigkeits- und Machtverhältnissen, bei denen mit Hilfe der Ausländerbehörde der Ehegatte unter Druck gesetzt werden kann.“ Michael Freese, der nur über das Büro seines Anwalts zu erreichen ist, war trotz Anfrage nicht für eine Stellungnahme zu haben. Severin Weiland
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