: Ausgestorbener Saurier
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt erinnert heute daran, daß man bereits in der rot-grünen Koalition die Polizeireserve auflösen wollte. Auf dem Papier stimmt das – der damalige Koalitionspartner Alternative Liste hat das freilich anders in Erinnerung. Die Grünen beklagten vielmehr, daß die Sozialdemokraten den Auflösungsbeschluß der im Kalten Krieg von ihnen in die Welt gesetzten Institution im Koalitionsbetrieb faktisch unterliefen. Wenn sich die Sozialdemokraten nun damaliger Beschlüsse besinnen und nicht nur daran, wie leicht man sich von der CDU auf das weitere Leben einer überflüssig gewordenen Truppe von Hobbypolizisten einschwören ließ, ist das ein guter Anfang – wenn es nicht dabei bleibt.
In der Tat ist es schwer, sich noch eine Existenzberechtigung für eine Einrichtung auszudenken, die sich nun als Kaderschmiede für rechtsextreme Wehrsportler zu enttarnen scheint. Die Polizeireserve ist wie ein Saurier – längst ausgestorben, nur der Senat hat das noch nicht gemerkt und erhält das Fossil künstlich am Leben. Das nimmt bei der CDU freilich nicht wunder, sind doch nicht nur Galionsfiguren wie Lummer und Diepgen Ehrenhäuptlinge der Feierabend-Sheriffs. Dabei ist spätestens seit dem Mauerfall nicht mehr einzusehen, warum es in Berlin nicht möglich sein sollte, ohne die Polizeireservisten das Gewaltmonopol des Staates und die öffentliche Sicherheit zu garantieren. Anderenfalls hätten andere Bundesländer längst nachgezogen – dort nämlich gibt es keine Reservearmee. Ungenügend ist deshalb eine Argumentation, ohne die FPR würden notwendige polizeiliche Aufgaben nicht erfüllt, wie es der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, tut. Dies zeichnet lediglich den Weg vor in eine halbherzige Skandalbereinigung, bei der die Polizeireserve am Ende als geheilt aus der Intensivstation entlassen wird. Die SPD muß sich deshalb entscheiden: Es gibt nichts Richtiges im Falschen. Gerd Nowakowski
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