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„Niedere Instinkte“

■ Kritik der Innenminister und Notärzte – Reality-TV von der Realität eingeholt

München/ Halle/ Würzburg (AP/epd) – Die Innenminister mehrerer Bundesländer haben nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Focus die als Reality-TV bekanntgewordenen Kommerz-TV-Sendungen wie „Notruf“, „Retter“, „Augenzeugen Video“ und „Auf Leben und Tod“ kritisiert. Bremens Innensenator van Nispen unterstütze die Kampagne des Kölner Regierungspräsidenten Antwerpes, der seinen Feuerwehrleuten „eindringlich empfohlen“ hatte, bei den umstrittenen Rettungsshows nicht mitzumachen. Auch der hessische Innenminister Günther wolle entsprechende Anfragen von Fernsehleuten restriktiv behandeln. Das baden-württembergische Innenministerium erklärte, es wolle seine Polizisten nicht als „Laienschauspieler mißbrauchen“ lassen.

Zuvor hatte bereits die Notärzte-Bundesvereinigung ihre Mitglieder zum Boykott von Live-Reportagen aus dem Rettungswagen aufgefordert und das Reality-TV der Kommerzsender als eine „Befriedigung der niederen Instinkte des Voyeurismus“ bezeichnet. Verletzungen und Tod von Notfallpatienten eigneten sich nicht als Stoff für Unterhaltungssendungen, erklärte der Vorsitzende Peter Sefrin (Würzburg). Besonders wurde Sat.1 kritisiert, weil es Feuerwehren kostenlos Videokameras zur Verfügung gestellt hatte, um so an authentisches Filmmaterial zu kommen.

Sat.1-Sprecherin Simone Tilgert erklärte dazu, daß die Feuerwehrleute durch die Videomitarbeiter nicht von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten würden. Es habe sich gezeigt, daß jede Wehr über eigene „Videofreaks“ verfüge, die zusätzlich bei Einsätzen mitführen.

Notarzt Sefrin hingegen meinte, daß es nachweislich zu Behinderungen bei Rettungsarbeiten durch „Gaffer“ gekommen sei. Die „Reality“-Sendungen versuchten hier nicht, den Zuschauern „richtiges Notfallverhalten“ zu vermitteln.

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