Ärztekammer versucht „Krisenmanagement“

■ Ellis Huber will sinnvolle Patientenversorgung/ Runder Tisch ist geplant

Berlin. Die Ärztekammer Berlins will am 1. März mit einem Runden Tisch des Gesundheitswesens den Versuch eines gemeinsamen „Krisenmanagements“ unternehmen. Mit diesem Treffen soll das bei der Umsetzung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) entstandene „irrationale Gegeneinander von Krankenkassen, Ärzteschaft und Krankenhäusern“ abgebaut werden, erklärte Kammerchef Ellis Huber gestern. Er appellierte an alle Beteiligten, darunter Krankenhausgesellschaft, Kassen und Kassenärztliche Vereinigung (KV), das „Hickhack zu beenden“ und zu überlegen, wie unter den neuen Regelungen eine sinnvolle und verantwortungsvolle Patientenversorgung erreicht werden kann.

„Ungeschicklichkeiten besonderer Art“ seitens der KV, darunter zur Verschreibungspraxis bei Massagen, hätten in den vergangenen Wochen unter Ärzten und Patienten zu „Unsicherheiten und unbegründeten Ängsten“ geführt, sagte Huber. Dabei könne auch mit dem neuen Gesetz jeder Patient ohne Einschränkungen Medikamente und Heilmittel erhalten, die für ihn notwendig sind. Verzichtet werden sollte lediglich auf „Gesundheitskosmetika“ wie Stärkungs- und Schlafmittel, Hautpflege- und Sportsalben, die durch preiswertere Präparate ersetzt werden können. Die von der Pharmaindustrie und Apotheken beklagten Umsatzrückgänge von bis zu 20 Prozent seien angesichts der bisherigen Verschreibung vieler sinnloser Medikamente und zu großer Verpackungen „vernünftig“, betonte Huber.

Ein „klassisches Eigentor“ habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) allerdings mit der im Gesetz verankerten Zulassungsbeschränkung für Ärzte geschossen, sagte der Kammerchef. Wie der Chirurg Harald Lazar bestätigte, habe dies in den vergangenen Wochen zu einer „noch nicht erlebten Niederlassungswelle von Krankenhausärzten geführt“. Nach Schätzungen liegen derzeit in Berlin rund 1.000 Anträge vor. In einer Berliner Einrichtung haben zeitgleich vier Fachärzte gekündigt. Die Folgen seien weitere Mehrarbeit des Personals und auf längere Sicht Qualitätseinschränkungen. Zugleich sei zu befürchten, daß unter diesem Zeitdruck die Wirtschaftlichkeit der Entscheidung bei der Wahl des Praxisstandortes nur ungenügend berücksichtigt werden konnte und einige Ärzte später wieder aufgeben müßten. Mit den Regelungen des GSG könne man trotz einiger Vorbehalte durchaus leben, erklärte der Allgemeinmediziner Eberhard Lott. ADN