: Tote Tiere-betr.: "Bio-Studentin muß tote Tiere Aufschneiden", taz vom 9.2.93
Betr.: „Bio-Studentin muß tote Tiere aufschneiden“,
taz vom 9.2.93
Die Entscheidung des Braunschweiger Verwaltungsgerichts ist hoffentlich noch nicht das letzte Wort der Justiz. Zur Zeit sind insgesamt neun Klagen von StudentInnen gegen ihre Hochschulen anhängig. Ganz entscheidend für die weitere Entwicklung wird der Prozeß vorm Bundesverwaltungsgericht in Berlin sein, wo die Revision des Münchener Tiermedizinstudenten Sven Mieske verhandelt wird. In seiner Revisionsbegründung weist Dr. Günter Erbel, Professur für öffentliches Recht an der Universität in Bonn, unter anderem auf zwei ganz wesentliche Punkte hin, die in der öffentlichen Diskussion an unseren Universitäten immer wieder übersehen werden:
1.Die Verfahren richten sich prinzipiell nicht gegen den Wissenschaftler, der das entsprechende Praktikum leitet, sondern gegen die Universität. Eine Hochschule kann jedoch keine Lehrfreiheit nach Art.5 Abs.3 GG in Anspruch nehmen.
2.Ob Präparationen an toten Tieren oder Experimente an lebenden Tieren, toten Tieren oder Tierteilen (Organen) tatsächlich unverzichtbarer Bestandteil des Studiums sind, da nur sie bestimmte unabdingbar notwendige Einsichten bringen, kann nicht der Fachwissenschaftler der Biologie oder Medizin, sondern höchstens ein Pädagoge beurteilen.
Die Bemühungen, Lehr- und Gewissensfreiheit gegeneinander abzuwägen, sind eine Farce. Tatsächlich geht es der Wissenschaft in erster Linie ganz offensichtlich darum, die Bastion Tierversuch nicht antasten zu lassen und sich vor Kritikern und alternativen Wissenschaftlern zu schützen.
Die diskutierten Versuche sind allesamt simpel und leicht verständlich – und werden doch zum Glaubensbekenntnis gemacht. Wer also, wie im vorliegenden Göttinger Fall, keine Tiere präpariert, wird niemals Biologe werden können, so die Professorenschaft. Tatsächlich mogeln sich natürlich schon immer und ewig und bekanntermaßen StudentInnen um Versuche und Übungen herum – und werden Biologen, Mediziner oder Tierärzte. Und offensichtlich merkt niemand, daß diesen Menschen die elementarsten Grundlagen ihres Jobs fehlen! [...] Timo Rieg, Pressesprecher des Bundesverbandes studentischer Arbeitsgruppen gegen Tiermißbrauch im Studium (SATIS e.V.)
[...] Mir stellt sich die Frage: Was wird damit bezweckt, Studenten zu verpflichten, Tiere zu mißbrauchen und zu mißachten? Bei all unseren technischen Möglichkeiten könnte doch durch Attrappen, Video oder dergleichen darauf verzichtet werden – gerade doch in Sachen „Schnippelkurs“.
Hier sprachen falsche Richter über falsche Freiheit von Lehre und Forschung. [...] Daniela Meder-Galler,
Vilsbiburg
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