: Jelzin kompromißbereit
■ Der russische Präsident will auf einen Teil seiner Machtbefugnisse verzichten
Moskau (AFP) – Der russische Präsident Boris Jelzin ist zur Beilegung der schwelenden Verfassungskrise offenbar bereit, einen Teil seiner Machtbefugnisse abzutreten. Nach Auskunft eines hochrangigen Präsidentenberaters, der nicht namentlich genannt werden wollte, ließ Jelzin ein Paket von vier Vorschlägen ausarbeiten, um die Machtbalance zwischen dem Präsidenten und dem Parlament zu erhalten. Im „Austausch“ für einige – nicht näher bezeichnete – Vollmachten wolle Jelzin erreichen, daß die Zuständigkeit des Parlaments bei der Beschlußfassung über Finanz- und Wirtschaftsfragen außer Kraft gesetzt würde. Dadurch solle die Kompetenz der Regierung unter Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin ausgeweitet werden.
Wenige Stunden vor einem Treffen mit Jelzin hat Parlamentspräsident Ruslan Chasbulatow den Ton der Auseinandersetzung erneut verschärft. Er forderte, daß bei der geplanten Volksabstimmung am 11. April die Bevölkerung auch die Möglichkeit erhalten müsse, Jelzin das Mißtrauen auszusprechen. Die Moskauer Agentur ITAR-TASS veröffentlichte eine Liste von fünf Fragen, die Chasbulatow für die Volksabstimmung vorgeschlagen habe. Danach sollten die Wähler jeweils mit „Ja“ oder „Nein“ kenntlich machen, ob sie zum Präsidenten, zum Parlament, zur Regierung und zum Obersten Sowjet Vertrauen hätten. In der fünften Frage sollten sie sich für oder gegen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Frühjahr 1994 entscheiden.
Durch den Machtkampf zwischen dem Präsidenten und der kommunistisch-nationalistischen Mehrheit im Parlament war Jelzins Reformpolitik in den vergangenen Monaten gebremst worden. Im Dezember verständigten Chasbulatow und Jelzin sich darauf, die Auseinandersetzung durch eine Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Jelzin rückte anschließend jedoch von diesem Plan ab, weil er bei dem Referendum eine Niederlage befürchtete.
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