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SPD-Vorsitz nur ohne andere Ämter

■ Bildungssenator Scherf über die quälende interne Debatte um die neue Parteiführung

Sie haben in den letzten Tagen überlegt, ob Sie nicht doch als SPD-Landesvorsitzender kandidieren sollen ...

Henning Scherf: Das steht zur Zeit gar nicht an; ich bin ja dadurch, daß ich im Senat bin, gehindert, mich für so eine Funktion öffentlich zu melden.

Aber Sie haben nicht ganz ausgeschlossen, ihre Position im Senat dafür aufzugeben.

Sowas muß sehr genau bedacht und beraten werden. Ich habe soviel Arbeit übernommen mit diesen beiden Ressorts Bildung und Justiz; schwierige Arbeit, die ich nicht einfach abbrechen kann, ohne eine überzeugende politische Begründung. Darum denke ich, daß jetzt am Sonnabend unabhängig von Personen zu beraten sein wird, ob denn überhaupt jemand daran denkt, diesen Be

hierhin das

Portrait (männlich)

schluß zu korrigieren, daß sich Parteivorstandsmandate und Senatsämter ausschließen. Und dann wäre ich nicht der einzige, dann läuft das in erster Linie auf Klaus Wedemeier zu.

Ihr Ortsverein Innenstadt will gerade dies aktiv betreiben.

Wir haben nach langer Debatte beschlossen, daß wir auf diesem Parteitag am Sonnabend die Beratung beginnen wollen, ob die Trennung von Amt und Parteimandat für die kommende Periode aufgehoben werden soll. Ich kenne ähnliche Initiativen aus anderen Ortsvereinen. Ich muß mich aber sehr

hüten, das auf meine Person zu beziehen. Es geht erst einmal darum: Geht das eigentlich? Macht es Sinn, das jetzt zu machen? Ich mache das übrigens alles in großer Übereinstimmung mit Klaus Wedemeier.

Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?

Regelmäßig. Ich will nicht öffentlich als Person gehandelt werden, die gegen ihn ausgespielt werden könnte. Wir sind in einer schwierigen Lage, wir Sozialdemokraten; wir müssen uns sehr behutsam bewegen, wenn wir aus dem Tief, in das wir hineingeraten sind, wieder rauskommen wollen.

Geht die Partei nicht noch weiter unter, wenn sie keinen eigenen Vorsitzenden und Repräsentanten mehr hat, sondern das vom Ratshaus so mitgemacht wird?

Eine Landesorganisation lebt nicht von einem Menschen. Sie lebt davon, daß viele wirklich zusammenarbeiten. Ohne daß wir uns ständig gegenseitig auf den Schädel schlagen. Das ist zur Zeit schwierig. Wir waren schon mal besser.

Es kommt jetzt darauf an, daß sich die zusammenfinden, die später Arbeit zu übernehmen bereit sind, daß sie sich konzentrieren auf dieses Werben und Zurückgewinnen von Stadtteilen, in denen wir verloren haben, und vielleicht auch auf ein Erneuern sozialdemokratischer Politik in diesem ehemals sozialdemokratischen Land — wir waren ja mal eine Hochburg. Das kann nicht nur einer an der Spitze. Diese Arbeit ist derzeit ganz dringend in der SPD gefordert. Da möchte ich als einer dabei sein, und dann bin ich der Meinung, daß ich das ohne Rücksicht auf vorhandene Ämter mitmachen muß.

Ohne Rücksicht heißt: ohne zeitliche Rücksicht?

Ja. Wer weiter politische Mandate haben will, der muß mit dazu beitragen, daß wir aus diesem schwierigen Stand der Bremer Sozialdemokratie herauskommen. Das kann ich nicht von anderen fordern, wenn ich nicht selber dazu bereit bin. Nur so habe ich das in den letzten Wochen sehr vorsichtig und sehr zurückhaltend, da wo ich gefragt worden bin, gesagt. Der ganze Diskussionsprozeß ist aber noch nicht richtig abgeschlossen.

Ist vorstellbar, daß jemand, der die Ampel-Koalition repräsentieren muß, auch die SPD repräsentiert? Im nächsten Wahlkampf?

Das kommt sehr darauf an. Willy Brandt, der immer als der erfolgreiche SPD-Mann hochgehalten wird, der hat das vorgemacht. Sowohl in Berlin wie in Bonn. Prinzipiell geht das. Interview: K.W.

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