■ Die Anwerbung von Hilfssheriffs läuft
: Wehrsportgruppe Seiters

Schießübungen mit echten Pistolen, im Morgengrauen durch den Wald robben und zu guter Letzt noch verängstigte Roma fangen – mit einem solchen Programm könnte man locker eine Wehrsportgruppe gründen. Noch besser ist es, wenn einem der Spaß auch noch bezahlt wird, und gleich mit einer Garantie für drei Jahre. Die Wehrsportgruppe, von der hier die Rede ist, soll 1.600 Mann stark werden und unter die Aufsicht des Bundesgrenzschutzes gestellt werden. Ihr oberster Häuptling: Bundesinnenminister Seiters.

Die Hilfssheriffs an der Oder-Neiße-Grenze zu Polen und der Tschechischen Republik sind die Antwort von Rudolf Seiters, den Günter Grass kürzlich Skinhead mit Schlips nannte, auf die Weigerung Volker Rühes, Bundeswehrpersonal an die Ostgrenze zu schicken. Damit auch nach Abschluß der sogenannten Asyldebatte niemand vergißt, welch existentielle Probleme Deutschland mit „der Flut aus dem Osten“ hat, schwadroniert Seiters ununterbrochen erst von Radarüberwachung und Infrarotnachtsichtausrüstung, dann will er Bundeswehreinheiten zur Grenzsicherung abstellen und jetzt also die spezielle Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für alle, die Seiters in der Propaganda gegen Flüchtlinge ernst nehmen.

Formal ist natürlich alles völlig korrekt. Seiters kann nach dem Bundesgrenzschutzgesetz Hilfstruppen mobilisieren, die Aufgaben, die keinen hoheitlichen Charakter haben, ausüben dürfen. Praktisch – darauf hat nicht zuletzt die Gewerkschaft der Polizei hingewiesen – wird diese Trennung natürlich unterlaufen. Im Alltag an der Grenze werden auch Leute nach einem zweiwöchigen Lehrgang mit der Knarre durchs Gelände stiefeln. Daß Polizeibeamte mit Berufsethos davon nichts halten und statt dessen lieber mehr reguläre Stellen fordern, liegt auf der Hand.

Dies ist jedoch auch nicht das entscheidende Argument. Amateur ist nicht gleich Amateur. Es gehört jedoch nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wer sich von den Plakaten in den Grenzdörfern besonders angesprochen fühlt. Erst jüngst stellte der Berliner Senat angeblich ganz überrascht fest, welch Geistes Kind sich in seiner Freiwilligen Polizeireserve breitgemacht hat. Eine Panne bei der Einstellungsüberprüfung, tönt der Innensenator jetzt. Doch selbsternannte Flüchtlingsjäger haben ihre Gesinnung in der Regel nicht im polizeilichen Führungszeugnis niedergelegt, und im übrigen ist die „richtige Motivation“ ja auch erwünscht. Jürgen Gottschlich