: Nobelpreisträger für Aung San Suu Kyi
Auftakt der Kampagne von sieben FriedensaktivistInnen in Thailand, die sich für die Menschenrechte im Nachbarland Birma einsetzen wollen/ Waffenembargo gefordert ■ Aus Bangkok Peter Dienemann
Der Dalai Lama zeigte sich gestern taktvoll gegenüber seinen thailändischen Gastgebern. Über kontroverse Dinge, wie die Tibet- Frage, wolle er in Bangkok nicht reden, erklärte er zum Auftakt der gemeinsamen Kampagne von sieben Nobelpreisträgern, die in Thailand zusammentrafen, um sich für die Wahrung der Menschenrechte in Birma einzusetzen.
Das geistliche Oberhaupt Tibets und politischer Führer von 250.000 in Indien lebenden Exil- Tibetern forderte die Freilassung von Hunderten von politischen Gefangenen aus den Gefängnissen der in Rangun herrschenden Junta – und die Entlassung der Oppositionsführerin Aung Sang Suu Kyi aus dem Hausarrest, die 1991 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde.
Die 47jährige Suu Kyi, 1990 Siegerin der ersten demokratischen Wahlen in Birma seit 1960, lebt seit dreieinhalb Jahren hinter Stacheldraht in ihrem Haus am Inya-Lake in Rangun, und lehnt es ab, ins Exil zu gehen. „Ein Beispiel für Entschlossenheit im Kampf für Demokratie“, nannte dies am Mittwoch der Dalai Lama, der die Frage, ob es nun vorteilhafter für ein Land sei, wenn ein oppositioneller Führer im Exil für Freiheit kämpfe oder als Gefangener im eigenen Land, nicht beantworten konnte.
Nach dem zahmen Start der Kampagne der Friedensnobelpreisträger, unter ihnen auch der südafrikanische Bischof Desmond Tutu und der frühere Präsident von Costa Rica, Dr. Oscar Arias, zeigt sich Thailands Ministerpräsident Chuan Leekpai erleichtert. Denn Chuan – der erste Premier, der nicht aus dem Militär kommt – mußte noch wenige Stunden vor der Ankunft des Dalai Lama am Dienstag gegenüber den allmächtigen Generalen der thailändischen Streitkräfte die Einladung an die Nobelpreisträger verteidigen.
Die Generäle, an ihrer Spitze der Armeechef Wimol Wongwanich, fürchten um ihre guten Beziehungen zu China und Birma, daß der Preisträgergruppe die Einreise verweigert hat. Vor allem der Besuch des Dalai Lama stelle ein Sicherheitsrisiko dar. „Die Nobelpreisträger nutzen den Boden Thailands, um politische Aussagen zu machen. Der Besuch erfüllt nicht einen humanitären Zweck“, prophezeite er. Die Generäle fürchten, daß sich die Beziehungen zu China verschlechtern könnten, nachdem Peking bereits offiziell gegen den Besuch des tibetischen Führers protestiert hat. Mit Beginn des Vietnamkrieges hatte Thailand aus Furcht vor einem „roten Südostasien“, Sonderbeziehungen zu China geknüpft. Es treibt immer noch regen Waffenhandel mit der Volksrepublik, an dem Offiziere der thailändischen Streitkräfte kräftig mitverdienen. 1987 und 1990 verweigerten die von den Militärs kontrollierten thailändischen Regierungen dem Dalai Lama die Einreise.
Ums Geld und weniger um die Sicherheit an der militärisch unruhigen gemeinsamen Grenze geht es Thailands Offizieren auch bei den Beziehungen zum benachbarten Birma. Der frühere Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Chavalit Yongchaiot, ist jetzt Innenminister im Kabinett Chuan Leekpai. Er war einer der ersten, die sich seit 1989 Holzrechte in Birma sicherten. Generale der birmanischen Junta und ihre thailändischen Kollegen pflegen freundschaftliche Beziehungen.
Doch scheint es, daß sich nun in Thailand demokratische Spielregeln nach den Unruhen vom Mai vergangenen Jahres durchsetzen. Premier Chuan Leekpai schloß zwar einen Kompromiß und verkürzte den Besuch des Dalai Lama von zwei Tagen auf 27 Stunden, doch bezeichnet er die Kampagne der Nobelpreisträger als eine gute Gelegenheit, der Weltöffentlichkeit die nun herrschende Demokratie in Thailand vorzuführen. Die Junta in Rangun schweigt bisher.
Bevor der Dalai Lama am Mittwoch nach Neu Delhi zurückflog, forderte er der zusammen mit dem Bischof Tutu und Oscar Arias ein internationales Waffenembargo gegen Birma.
Heute wird die Gruppe an die birmesische Grenze reisen, um dort mit Flüchtlingen zu sprechen, und am Freitag in der im Norden gelegenen Stadt Chiangmai mit dem thailändischen König Bhumipol zusammentreffen.
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