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Kuddelmuddel um DVU-Deputationssitze

■ Alte Urteile aufgetaucht: DVU soll ihr Deputations-Stimmrecht nun doch behalten

Peinliches Durcheinander in der Bürgerschaft: Entgegen allen zähen Verhandlungen zwischen den Fraktionen sollen die DVU und die neue Nationalkonservative Gruppe von Hans Altermann und Peter Nennstiel nun doch mehr zu sagen haben.

Zuerst galt es als ausgemachte Sache, daß die beiden DVU- Nachfolgegruppen ihre Sitze und Stimmberechtigung in 14 Deputationen verlieren würden. Das sollte in der gerade abgeschlossenen Bürgerschaftssession beschlossen werden, konnte aber gerade noch abgebogen werden. Denn Ende letzter Woche tauchten plötzlich zwei Urteile des Verwaltungsgerichts Bremerhaven und des Oberverwaltungsgerichts auf, die die ausgehandelte Neuordnung wieder ins Wanken brachten: Die vorgesehene Trennung von Sitz und Stimmrecht teile Ausschußmitglieder in zwei Klassen, und das sei nicht statthaft.

In der Bürgerschaftsverwaltung und dem interfraktionellen Ausschuß waren alle Beteiligten davon ausgegangen, daß die DVU mit dem Fraktionsstatus auch das Stimmrecht in den Deputationen verlieren würde. Aus den DVU- Mitgliedern sollten Deputierte mit Antrags-, aber ohne Stimmrecht werden. Für diese Neuverteilung beriefen sich die MacherInnen auf das sogenannte „Wüppesal-Urteil“. In dem hatte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag des ex- Grünen Thomas Wüppesal die Rechte fraktionsloser Abgeordneter neu definiert und u.a. die Trennung von Sitz und Stimmrecht ins Spiel gebracht. Die Frage in der Bürgerschaft war nur, ob die DVU-NachfolgerInnen die Sitze trotz der Rechtslage behalten sollten, oder ob die freigewordenen Plätze nach dem normalen Auszählverfahren verteilt würden. Dann hätten die Grünen alle Plätze bekommen. Am Ende mühsamer Verhandlungen hatte der Beschluß gestanden: Rede- und Antragsrecht für die DVU, aber kein Stimmrecht; die stimmberechtigten Sitze gehen an die Grünen.

Jetzt geht wieder alles von vorne los: Was das Bundesverfassungsgericht für den Bundestag festgelegt hat, das muß noch lange nicht für Bremerhaven oder Bremen gelten, sagen die Bremer Richter. Die hatten sich mit zwei Bremerhavener Fällen auseinanderzusetzen. Schon 1990 sollten die Rechte des Stadtverordneten Grützner nach dessen Austritt aus der Grünen-Fraktion geklärt werden. Und vom Ende letzten Jahres stammt eine Anordnung zu den Rechten der FDP-Gruppe in der Stadtverordnetenversammlung. Von beiden Entscheidungen hatte keiner der Strategen in den Bürgerschaftsfraktionen oder der Verwaltung gewußt — sie hatten allein mit Wüppesal argumentiert.

Jetzt ist eine politisch knifflige Lage entstanden: 14 Sitze hat die DVU-Fraktion an die Grünen abgegeben. Nach der neuen Rechtslage stehen aber den beiden neu entstandenen Gruppen Grundmandate zu. Den Nationalkonservativen zwei und der DVU sechs. Das allerdings bedeutet eine Aufblähung des Haushaltes, weil diese Mandate auf das bestehende Kontingent obendrauf kommen. Stellt sich die Frage, ob eine Fraktion oder mehrere freiwillig Sitze abgibt. Und wenn ja, welche? J.G.

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