: Dong dong dong dagadi
■ Ein kleiner, vertrackter Rhythmus sorgt für Aufregung und Entspannung
Sie kennen das? Dong dong dong dagadi, Dong dong dong dagadi, Dong dong...? Es zieht Sie irgendwie an, Sie wissen nicht wie. Das Dong dong... und dann kommt plötzlich das doppelte Tempo, dagadi, nur ganz kurz und schon ist es weg, und dann sind Sie schon wieder in der Ruhephase Dong dong dong und sehnen sich nach der kurzen Schnelligkeit, dagadi. Sie wiegen sich in Sicherheit, Dong dong dong, drei lange Schläge lang, und dann, ja jedesmal straucheln Sie dann, dagadi, weil Fuß und Körper zur gleichen Zeit im langsamen Puls weiterwippen wollen und die kurzen, schnellen Schläge mitnehmen. Einmal der Fuß schnell und der Körper lahm, einmal umgekehrt und ein drittes Mal beides zugleich. Jedenfalls aber straucheln Sie.
Sie haben schon überlegt, zum Arzt zu gehen? Zum Ohrenspezialisten? Wegen des Gleichgewichts, und weil da was nicht stimmen kann? Aber dann haben Sie doch lieber darauf verzichtet, weil Sie an diesem Stolpern ja auch Spaß haben? Sie haben sich gewundert, daß es Ihnen auch nicht wirklich oft passiert, nur bei ganz bestimmten Stücken, bei Dave Brubecks Blue Rondo a la Turca ( Dong dong dong dagadi) beispielsweise oder Dong, dong, dong, da ga di — ein wenig langsamer, was die Falltiefe erhöht — bei den Mitbringseln der guten, alten Kiffer-und Avantgarderockband Embryo.
Seien Sie unbesorgt, Ihre Ohren sind okay. Ihr Gleichgewicht ist es ebenso. Das Geheimnis Ihres Stolperns trägt einen Namen, oder vielmehr einen Terminus Technicus: Neunachteltakt. Und überhaupt, was nur wenige wissen: Der Neunachteltakt hat neben seinem vertrackten Tanz- Appeal therapeutische Qualitäten. Er lockert die Muskeln, löst selbst hartnäckigste Verspannungen sowohl im Becken-als auch im Nackenbereich. Seine Schwingung massiert gezielt die Zellwände bestimmter Nervenzellen in der Kleinhirnrinde und aktiviert so die Ausschüttung sogenannter Pseudo-Endorphine, die mentale Hochs und Trancegefühle auslösen. Noch ist nicht erforscht, inwiefern der Neunachteltakt süchtig macht, doch wächst die Zahl der bekannten Fälle von Neunachtel-Trance seit Jahren. Ein Rhythmus auf dem aufsteigenden Ast. Passen Sie gut auf sich auf. step
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen