■ Press-Schlag: Boris schlägt zurück
Boris Becker, Tennisspieler, 25 Jahre alt und aus Monte Carlo bzw. Leimen, ist an und für sich ein geduldiger Mensch, aber „irgendwann“, sagt er, „hab' auch ich die Schnauze voll“. Irgendwann ist jetzt. Am Mittwoch abend hat er am Rande der Stuttgart Open Sätze gesagt, die den Deutschen Tennis-Bund (DTB) in veritable Schwierigkeiten gebracht haben.
Dem Ethiker Becker geht es um etwas Schlichtes: die Wahrheit. „Ich bin enttäuscht“, hat er gesagt, „daß diese Männer, die mit mir während acht Jahren den Davis-Cup zweimal gewonnen haben, jetzt nicht den Mut haben, aufzustehen und zu sagen: Das ist die Wahrheit und Schluß.“ „Diese Männer“, das sind der DTB-Sportdirektor Günther Sanders, der Davis-Cup-Kapitän Niki Pilic und der Spieler Carl-Uwe Steeb. Die Wahrheit, die sie schleunigst öffentlich machen sollen: daß Becker im letzten Sommer nicht etwa den Davis-Cup-Einsatz versprochen und später treulos sein Wort gebrochen, sondern vielmehr folgendes geäußert habe: „Ich kann meinen Plan jetzt noch nicht machen.“ Und als er ihn machte, fand er eben dieses Jahr keinen Platz für einen nationalen Einsatz. Was aber den Mitspieler Michael Stich, 24, auf die Palme brachte. Sein neuester Coup: Er wollte, sagt Becker, von Pilic, Steeb und dem DTB schriftlich, daß die vier Spieler, die Ende März in Moskau gegen Rußland spielen, das ganze Jahr eingesetzt werden. „Und somit“, wie Becker schnell aufgegangen ist, „ausschließen, daß ich zurückkomme.“
„Absoluter Blödsinn“ sei es, schrie Michael Stich sofort auf, daß irgendwelche Dinge unterschrieben werden sollten. „Jetzt behaupte ich das“, sagt dazu Boris, „und er das. Wem kann man glauben?“ Eigentlich aber schon Becker, glaubt Becker, denn der hat Zeugen. Das Problem: Beckers Zeugen Pilic und Steeb scheuen die Öffentlichkeit. „Boris, schwierige Situation“, habe Pilic gesagt, „deswegen können wir nicht sagen, was wir wollen.“
„Charlie und Niki wollen den Michael nicht verärgern“, hat Becker messerscharf analysiert, aber nun will er die beiden samt Sanders zwingen: „Ich erwarte in den nächsten zehn Tagen klare Worte.“ Er wolle nur, daß die Wahrheit ans Licht kommt. Die Beteiligten nennt er – außer Stich, versteht sich – allesamt „Freunde“. Noch! Denn: „Diese Männer können mir gar nicht mehr in die Augen gucken.“ Er macht vor, wie das aussieht, wenn sie an ihm vorbeischleichen. Und droht mit Liebesentzug. Er hoffe, „unsere Freundschaft geht da nicht drauf“, sagt er an die Adresse von Steeb und an die von Pilic: „Er muß die Wahrheit sagen. Sonst könnte er einen Freund verlieren.“ Gewarnt wird auch der DTB in seiner ganzen Pracht. Zu jener, das wissen die Herren nur zu genau, hat ihnen nur einer verholfen. Und der ist jetzt sauer. Zuerst einmal wurde dementiert: „Ein derartiges Papier hat zu keiner Zeit vorgelegen und wird es nicht geben.“ Peter Unfried
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