Panter Preis 2016: Starkes Signal gegen Rechts

Karo e.V. und Tobias Burdukat werden für „Herz, Mut Hartnäckigkeit, Kreativität und Kampfgeist“ ausgezeichnet.

Alle PreisträgerInnen und Nominierten des taz Panter Preises 2016 Bild: Hein-Godehart Petschulat

Moderatorin Hatice Akyün hat die Vergabe des taz Panter Preises zum ersten Mal miterlebt. Zusammen mit Andreas Rüttenauer führte sie das Publikum im voll besetzten Deutschen Theater durch den Abend. Gleich zu Beginn stellte sie fest: „Das ist wohl die größte Ansammlung von Gutmenschen, seit es die AfD gibt.“ Damit lag sie, insbesondere beim Blick auf die Nominierten, richtig.

Damit war sie aber auch recht schnell bei jener Partei angelangt, die dem gesellschaftlichen Klima in Deutschland so dienlich ist wie abgestandenes Bier. Gerade vor dem Hintergrund des Rechtsrucks durfte der taz Panter Preis in diesem Jahr als noch stärkeres Signal verstanden werden: Für eine offene Gesellschaft, für mehr Teilhabe von Minderheiten, Unterdrückten, Ausgegrenzten – und geflüchteten Menschen. Dass sich für diese Teilhabe im Alltag BürgerInnen mit „Herz, Mut Hartnäckigkeit, Kreativität und Kampfgeist“ (Akyün) für ihre Mitmenschen einsetzen, geht dabei häufig unter.

Da geht noch was in Deutschland

Katrin Gottschalk, stellvertretende taz-Chefredakteurin, sagte: „Ihr zeigt, da geht noch was in Deutschland, wir danken euch dafür enorm, fürs Dranbleiben, Anstiften, Großartigsein.“ Das galt zuvorderst für die Preisträger von Karo e.V. (LeserInnenpreis) und für Tobias Burdukat (Jurypreis), für die weiteren vier Nominierten (aus 180 Vorschlägen) aber nicht minder.

    So verhilft Peperoncini e. V. Geflüchteten über Minibürgschaften zu professioneller Rechtsverteidigung. Leonore Stangherlin und Katharina Enders setzen die Idee in Leipzig mittels Crowdfunding um. „Die Rechte von Geflüchteten schmelzen wie Eis in der Sonne“, sagte Stangherlin im Gespräch mit Andreas Rüttenauer. Ihr größter Wunsch sei daher: „Keine weiteren Verschärfungen im Asylrecht!“

    Ron Paustians Motto lautet: „Nur wer laut ist, wird auch gehört.“ Er, vom Verein Inklusion muss laut sein, ermöglicht mit einem Netzwerk von 500 Ehrenamtlichen vielen Menschen mit Behinderung zu Konzertbesuchen. „Das ist für mich Beruf und Berufung“, sagt Paustian. Selbst hört er am liebsten AC/DC, Metallica – und Helene Fischer.

    Für eine menschenwürdigere Wohnungspolitik tritt das generationenübergreifende HausbesetzerInnenprojekt Our House #OM10 in Göttingen ein, das Geflüchtete wie Nichtgeflüchtete bei sich aufnimmt, Deutschkurse anbietet und Basisdemokratie vorlebt. Am 5. November 2016 feiern die BesetzerInnen Jahrestag, bis dahin soll das Haus gekauft sein.

    Gegen den Ausbau der Kohlegrube Nochten II setzt sich ein weiteres Hausprojekt ein: Eine Spinnerei e. V. engagiert sich für Nachhaltigkeit, initiiert Veranstaltungen und Seminare – und muss dabei gegen die örtlichen Behörden kämpfen. Immerhin: Dass eine Baugenehmigung für ein Zeltlager Quatsch ist, hat mittlerweile auch das Bauaufsichtsamt erkannt.

    Cathrin Schauer, Michaela Vasikova und Nicole Baumgärtel von Karo e.V. Bild: Hein-Godehart Petschulat

    taz-Kuratoriumsmitglied Elke Schmitter sinnierte über die eigentliche Definition der Freiheit, die im Handeln liege. Dass der taz Panter Preis der Leserschaft dann an Karo e.V. ging, spricht genau dafür. Seit 1994 setzt sich der Verein im tschechisch-deutschen Grenzgebiet für Frauen ein, die von Zwangsprostitution betroffen sind.

    Cathrin Schauer, Michaela Vasikova, Nicole Baumgärtel und ihre Mitstreiterinnen bieten Wohnungen oder psychosoziale Beratung an und helfen beim Ausstieg aus der Prostitution. Bei ihnen steht die Einzelne im Vordergrund. Maritta Strasser, Koordinatorin bei Campact e. V., hielt die Laudatio und stellte fest: „Raus gehen, einsetzen – das erfordert wahren Panter-Mut. Wegsehen ist für die Preisträgerinnen keine Option!“

    Ein echter Held des Alltags

    Für den Jurypreisträger Tobias Burdukat gilt dasselbe. Er betreibt im sächsischen Grimma im „Dorf der Jugend“ Humanismus im besten Sinne. „Ich bin lieber für etwas als gegen etwas“, sagt der 33-jährige Sozialarbeiter, der in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen vor Ort ein Container-Café betreibt und kulturelle Events veranstaltet.

    Gegen den Widerstand der ortsansässigen Bürgerbewegung stellt er sich gegen Rassismus und Sexismus. „Tobias Burdukat ist ein echter Held des Alltags“, würdigte Julius Deutsch, 2008 selbst Panter Preis-Träger, sein Engagement. „Helden wie er sind die Voraussetzung, dass die Region lebenswert bleibt.“

    Jurypreisgewinner Tobias Burdukat Bild: Hein-Godehart Petschulat

    Der Preisträger war sichtlich gerührt, nahm den Preis dankend an – und ließ dem Deutschen Theater dafür im Gegenzug die „Waterkant“ da, eine kleine Welle, die zeige, wie beweglich die Jugendlichen sind. Ein starkes Zeichen für die nächste Zeit.

    Von David Joram, taz Panter Volontär