piwik no script img

Peinlich!

■ Betr.:“Ziviler Ungehorsam wird gesellschaftsfähig!“ von Günther Dey

Lieber Günther! Dein heutiges Statement zur Besetzung der Fohlenwiese in Oberneuland ist zumindest eine politische Peinlichkeit. Ich möchte Dich fragen, ob Du weißt, von was Du schreibst, wenn Du die Besetzung in Oberneuland als zivilen Ungehorsam bezeichnest. Ich möchte Deiner Feststellung, daß „die Auseinandersetzung (...) durchaus auch etwas Positives“ für die politische Kultur hat, zustimmen, aber die Besetzung hat herzlich wenig mit zivilem Ungehorsam zu tun. In Deiner Darstellung erscheint die Aktionsform des zivilen Ungehorsams wertneutral, gleichwohl als von verschiedenen Interessengruppen instrumentalisierbar. Dies ist m.E. falsch. Ziviler Ungehorsam ist als eine Protestform der „Gewaltfreien Aktion“ mit eindeutigen Werten, die viel mit Gemeinwohl und gesellschaftlichem Fortschritt hin zu einer gewaltärmeren, d.h. auch sozialen, basisdemokratischen und antisexistischen Gesellschaft zu tun haben; der Weg hat das Ziel zu spiegeln. Egoistische Interessen, wie sie mit der Aktion in Oberneuland zutage treten, haben hier (glücklicherweise) wenig Platz. Ich bitte Dich, das zu bedenken. Wenn Du mit dem Begriff des zivilen Ungehorsams derart unbedacht umgehst, trägst Du ihn auch in Gruppen und Interessen an, die mit den damit vermittelten Werten wenig gemein haben und die Bestimmtheit der Aktionsform nur mindern können. Der zivile Ungehorsam ist in einer (mehr oder weniger) Demokratie ein absolut kostbares Mittel, um Interessen durchzusetzen. Daher sollte sowohl der Begriff wie die Aktionsform selbst mit Vorbedacht eingesetzt werden. Thomas Berger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen