: Scherf zieht Kandidatur zurück
■ SPD-Landesparteitag: Formell vor der Personaldebatte gedrückt
Henning Scherf appellierte am Samstag eindringlich an den SPD- Landesparteitag: „Ich brauche die Entscheidung jetzt, ob ihr wollt oder nicht.“ Doch die Genossinnen und Genossen wollten und konnten auch nicht mehr. Die Entscheidung, ob ein Senator gleichzeitig Landesvorsitzender sein kann, fiel nicht mehr, der Landesparteitag war mangels Delegiertenmasse schon beschlußunfähig. Bildungssenator Scherf zog darauf seine Kandidatur um den Landesvorsitz zurück.
„Ich brauche die
Entscheidung jetzt“
Scherf hatte die Vereinbarkeit von Partei- und Regierungsamt zur Bedingung für seine Kandidatur gemacht. „Heute war die letzte Möglichkeit, von der Partei fair ein Meinungsbild zu bekommen, aber ich habe das Gefühl, die wollen das Thema vom Tisch haben.“ Das Scherfs Gefühl nicht ganz falsch sein konnte, war offensichtlich. Denn es war nicht nur die fehlende Delegiertenzahl, die die Entscheidung unmöglich machte: Die Art und Weise, wie die Debatte um das heikle Thema geführt wurde und damit eine Vorentscheidung um den Landesvorsitz bei den Bremer Sozialdemokraten gefallen ist, gibt einen tiefen Einblick in das Innenleben der Partei frei.
Angesagt war für den letzten Samstag das Thema Jugendpolitik. Gleich einleitend informierte der kommissarische Landesvorsitzende Harald Stelljes die Delegierten über die drei Kandidatinnen und Kandidaten für den Landesvorsitz: Konrad Kunick (mäßiger Beifall), Angelika Pensky (mehr Beifall), Henning Scherf (kein Beifall). Gleichzeitig verkündete er: „Der Landesvorstand der SPD hat noch am Freitag beschlossen, daß ein Regierungsamt mit dem Amt des Landesvorsitzenden unvereinbar ist.“ Da applaudierten die Delegierten dann donnernd.
Vielleicht hat Scherf den Fehler gemacht, daß er seinen „Antrag zur Geschäftsordnung“ nicht früh genug gestellt hat. Anfangs war der Parteitag mit 120 Delegierten (von 220) noch beschlußfähig. Scherf aber meldete sich erst nach der Mittagspause und wollte die Debatte herbeiführen. Den ganzen Vormittag über hatte er sich aus den Randgesprächen des Parteitages ostentativ herausgehalten, blieb im Plenum auf seinem Stuhl kleben. Dabei spielte die Musik auf den Rängen, das blieb sogar dem Präsidium nicht verborgen, das die Delegierten mehrmals und vergeblich mahnte, sich mit dem Thema Jugendpolitik zu befassen.
Das Präsidium bestand bei diesem Jugendparteitag aus lauter Jungsozialisten. Als Scherf nun dafür eintrat, einen vorliegenden Antrag aus dem Ortsverein Gröpelingen zur Debatte und zur Abstimmung zu stellen, riß der Europaabgeordnete Thomas von der Vring als Mitglied des Landesvorstandes die Präsidialmacht an sich und wies darauf hin, daß der Gröpelinger Antrag nicht fristgerecht eingereicht und deshalb nicht be
Zu spät für
Unvereinbarkeits-Antrag?“
rücksichtigt werden könnte. Gröpelingen, der Ortsverein von Peter Sakuth, hatte einen Antrag formuliert, der an der Unvereinbarkeit von Partei- und Regierungsamt festhielt. Nicht das Präsidium, sondern Thomas von der Vring war es, der auf diesem Formfehler insistierte, dann kam die Idee aus dem Plenum, die peinliche Situation noch formaler zu retten. „Ich stelle den Antrag, daß die Beschlußfähigkeit überprüft wird.“ Nicht einmal mehr gezählt wurden die verbliebenen GenossInnen. Die Beschlußunfähigkeit lag auf der Hand, die Delegierten konnten nach Hause gehen. mad
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