: ANC: Farbtupfer sind ein Aprilscherz
■ Südafrikas Präsident de Klerk beruft erstmals nichtweiße Minister ins Kabinett/ ANC für Ende der Sanktionen
Johannesburg (AP/ AFP/ wps/ taz) – Mit heftiger Kritik hat der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) auf die Berufung von drei nichtweißen Ministern in die südafrikanische Regierung reagiert. Vertreter sprachen von einem Aprilscherz und nannten die Ernennung bedeutungslos. Präsident Frederik de Klerk hatte am Samstag angekündigt, zum 1. April zwei Mischlinge und einen Bürger indischer Abstammung ins Kabinett zu berufen. Die Umbildung steht in Zusammenhang mit der für 1994 geplanten Parlamentswahl, an der erstmals auch die schwarze Mehrheit teilnehmen soll. De Klerk ist bemüht, möglichst viele nichtweiße Wähler für seine Nationale Partei zu gewinnen.
Die neuen Minister bekommen nur zweitrangige Ämter: Die farbigen Politiker Abe Williams und Jac Rabie werden Minister für Sport beziehungsweise für Bevölkerungsentwicklung, der Rechtsanwalt indischer Abstimmung Bhadra Ranchod wird Fremdenverkehrsminister. Ranchod war der erste nichtweiße Botschafter Südafrikas, als er 1986 zur Europäischen Gemeinschaft nach Brüssel entsandt wurde. Williams und Rabie waren von Antiapartheidgruppen kritisiert worden, weil sie 1984 Abgeordnete in der Kammer für Farbige wurden.
De Klerk bezeichnete die drei Ministerposten als „von größter Bedeutung für die Wirtschaft auf der einen und die nationale Versöhnung auf der anderen Seite“. Die wirklich wichtigen Funktionen bleiben aber weiter in der Hand von Weißen. So wurde der politische Hardliner, Justizminister Kobie Coetsee, bei der Regierungsumbildung zusätzlich mit dem Verteidigungsministerium betraut. Schwarze Südafrikaner berief de Klerk nicht in sein Kabinett. Nach intensiven Beratungen auch mit schwarzen Meinungsführern sei er zu dem Ergebnis gekommen, daß dies in der derzeit schwierigen Phase der Verhandlungen kontraproduktiv sein könnte.
In seiner offiziellen Stellungnahme nannte der ANC die drei Politiker „diskreditiert und ausrangiert“, ihre Berufung sei nur eine „leere Geste“ des Präsidenten. Die Kabinettsumbildung dürfe von der Weltöffentlichkeit nicht als Gleichheit aller Rassen in Südafrika mißdeutet werden. „Das Kabinett bleibt, was es gewesen ist – nicht repräsentativ für die Menschen in Südafrika“, sagte ANC- Sprecher Thabo Mbeki.
Am Samstag beschloß der ANC, sich international für eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika einzusetzen, sobald ein Wahltermin feststeht und ein parteiübergreifender Übergangsrat gebildet wurde, der zentrale Regierungsfunktionen übernimmt. Das könnte bereits im Juni sein. Das ANC-Exekutivkomitee plädiert dafür, dann die Ächtung von Krediten und Investitionen in Südafrika und von diplomatischen Beziehungen aufzuheben. Waffen und Öl sollen dagegen bis zum Antritt einer rassisch gemischten Regierung nicht an Südafrika geliefert werden.
Bisher hatte der ANC auf der Beibehaltung der Strafmaßnahmen bestanden, solange eine ausschließlich weiße Regierung im Amt ist. Die neue Entscheidung spiegelt wachsende Sorgen in der Organisation wieder, daß die Sanktionen Südafrikas Wirtschaft weiteren Schaden zufügen und die Arbeit einer zukünftigen von Schwarzen geführten Regierung erschweren könnten. Anti-Apartheid-Gruppen in den USA und Europa hatten den ANC dagegen gedrängt, die harte Linie in der Frage der Sanktionen beizubehalten. Sie seien der wirksamste Weg, dafür zu sorgen, daß de Klerk seine Reformversprechen einhalte. Südafrikanische Ökonomen befürchten, daß amerikanische Städte und Staaten nicht bereit sein könnten, die Sanktionen aufzuheben, selbst wenn der ANC diesen Schritt befürworte. nig
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