: Gewalt erzeugt Gewalt
DOKUMENTATION
Gewalt erzeugt Gewalt
Heute diskutieren die Bremer Grünen die Frage, ob in Bosnien interveniert werden soll. Vor einigen Wochen hat der Landesvorstand ein Positionspapier vorgelegt. Wir dokumentieren Auszüge:
Die Ereignisse in Bosnien bewegen uns alle. Dies geht so weit, daß manche GRÜNE meinen, Bewegung in grüne Grundpositionen bringen zu müssen. Wir denken, es gibt noch genügend Alternativen. Beim Krieg in Bosnien wird so getan, als könne eine begrenzte militärische Aktion in kurzer Zeit einige der Probleme lösen. Sog. 'gezielte Einsätze zur Zerstörung der serbischen Kriegsmaschine' würden aber den Krieg nach Serbien tragen und massenhaft Opfer unter der dortigen Zivilbevölkerung kosten. Auch der Vorschlag, eine 'Schutzzone für die Zivilbevölkerung' zu schaffen, bedeutet eine massive Invasion.
Es wird so getan, als sei die Aggressivität der nationalistischen Serben die Ursache des Krieges. Wir bestreiten nicht, daß von den serbischen Milizen und bewaffneten Banden in Bosnien die meisten, wenn auch nicht die einzigen, Grausamkeiten ausgehen. Die Ursachen dieses Krieges sind aber erheblich vielschichtiger. Die Bevölkerung im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien ist vielfältig miteinander vermischt. Die Republik Kosovo ist Serbiens historisches Kernland - jetzt leben dort überwiegend Albaner. Die Krajina ist überwiegend von Serben bewohnt, sie gehört nun zum Staat Kroatien, in dem Serben als unerwünschte Minderheit angesehen werden. Bosnien-Herzegowina ist zwar als selbstständige Nation anerkannt, die Mehrheit seiner Bevölkerung sind aber Serben und Kroaten, von denen viele einen Anschluß an die jeweiligen 'Mutterländer' anstreben.
Wir sehen nur die Möglichkeit einer zivilen Intervention:
1. Schon jetzt arbeiten Freiwillige der Friedensbewegung in den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zusammen mit der Friedensbewegung der jugoslawischen Teilrepubliken. Staat und Parteien müssen solche Aktivitäten öffentlich anerkennen und ihnen finanzielle und gesellschaftliche Unterstützung gewähren.
2. Der Visumszwang für Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien muß fallen. Über 1 Million Flüchtlinge leben in Kroatien, mehrere hunderttausend in Serbien. Deserteure erhalten bisher kein Asyl. Sie müssen damit rechnen, zurückgeschickt und in der Heimat vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Wir rufen die Soldaten jeder der kriegführenden Seiten zur Desertation auf und fordern, daß ihnen ein dauerhafter Aufenthalt in Deutschland zugesichert wird.
3. In Kroatien, im Kosovo und in Mazedonien/Skopie muß durch 'UNO-Blauhelme' der Frieden gesichert werden. Deutsche Soldaten haben auch bei Blauhelmeinsätzen im ehemaligen Jugoslawien nichts verloren. Deswegen ist der Aufbau einer humanitären schnellen Eingreiftruppe bzw. eine zivile Friedensdienst-Organisation erforderlich, damit deutsche Hilfslieferungen und -einsätze nicht mehr von der Bundeswehr-Infrastruktur abhängig sind.
4. Der Boykott gegen Serbien und der Waffenboykott gegen alle Staaten des ehemaligen Jugoslawien muß viel wirksamer kontrolliert werden. Deswegen ist ein Verbot aller deutschen Rüstungsexporte und die Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes in Bezug auf die Rüstungskontrolle zu fordern. Die EG muß sich einmischen, indem sie durch wirtschaftliche Kooperationsangebote die Verhandlungs- und Kompromißbereitschaft fördert. Nicht aber, in dem sie militärisch interveniert, um ein Verhandlungsergebnis zu erzwingen. Wer das will, nimmt in Kauf, daß spätestens nach Abzug der Interventionstruppen der Krieg wieder beginnt.
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