: Behörden zu Betrieben
■ Senat beschloß Umwandlung / Hoffnung auf kaufmännisches Denken
Unsere Behörden: Sie verfügen über Millionen-Etats, vergeben hochdotierte Aufträge, investieren, streichen — aber mit Kostenbewußtsein und kaufmännischem Denken sind sie nicht gerade gesegnet. Das soll jetzt anders werden: Eine Reihe von Bremer Behörden sollen künftig als „Wirtschaftsbetriebe“ geführt werden, hat der Senat gestern einstimmig beschlossen. Die Kraftfahrzeugwerkstätten der Polizei, die Untersuchungsämter, die Kataster- und Vermessungsverwaltung, das Fernmeldetechnische Amt, das Rechenzentrum der bremischen Verwaltung sowie das Hochbau- und das Gartenbauamt. In jedem Einzelfall sei nun „undogmatisch“ zu prüfen, so Finanzsenator Volker Kröning gestern vor der Presse, ob dies als Eigenbetrieb unter behördlicher Führung oder als Privatfirma geschehen solle.
Man verspricht sich erste Elemente kaufmännischen Denkens statt der bislang praktizierten Haltung, bewilligtes Geld möglichst schnell auszugeben, damit am Jahresende nichts verfällt. Das wird sicher nicht einfach werden: In der Computerbranche wird zum Beispiel dem beamtenmäßig organisierten Bremer Rechenzentrum in Konkurrenz zu privaten Firmen null Chancen eingeräumt, wenn die überbezahlten staatlichen Aufträge wegfielen.
Das wird kein Blitzstart vom beamteten Etat-Verwaltungsdenken zur schlanken, flexiblen Firma. Kröning setzt auf langjährige „Umdenkprozesse“ in den Firmen und bei den auftraggebenden klassischen Behörden: „Erstmals werden die Wirtschaftsbetriebe wie Unternehmen richtige Preise kalkulieren. Und die Auftraggeber müssen diese kennen und scharf kalkulieren. Wen interessiert heute schon, was ein Schreibtisch kostet, ein Mercedes, ein Telefon-Gespräch? „ Weniger Beamten- und mehr Angestelltenverhältnisse sollen entstehen, „damit man auch heuern und feuern kann“, erklärte Kröning freimütig, schon jetzt dürften ja private Anbieter den öffentlichen Konkurrenz machen. Die Bezahlung soll unabhängig vom öffentlichen Stellenplan erfolgen können, also zum Beispiel bei der Informatik Rücksicht auf Marktlage und Kenntnisse statt auf das Dienstalter nehmen.
Im Umweltressort werden drei der jetzt fünf befaßten Wasser- Ämter auf Landes- und Kommunen-Ebene zusammengelegt; die Gewässer-Unterhaltung sollen ganz die Bremischen Deichverbände übernehmen.
Hauptsächlich deshalb kann Senator Fücks einen Spar-Effekt von über einer Million bzw. 17 Stellen verbuchen; umgelegt wird das per Deichabgabe dann wohl auf die HausbesitzerInnen. Der lange Streit mit den Personalräten sei jetzt nicht gerade einvernehmlich, aber politisch entschieden, „wir können nicht nur Kosten auf die Bürger umwälzen, sondern müssen auch intern sparen und uns notfalls über solche Bedenken hinwegsetzen.“ Bei den Bremer Entsorgungs-Betrieben sei der „mühsame Umstell-Prozeß“ im vollen Gange, neben der Buchhaltung müßten vor allem die Mentalitäten umgestellt werden. Fücks: „Dienstleistungen müssen nicht öffentlich-rechtlich erbracht werden, Kosten müssen vergleichbar sein auch in der Konkurrenz zu privaten Anbietern!“
S.P.
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