: Polizeireserve vor politischem Knockout
■ SPD will Hilfstruppe so schnell wie möglich auflösen/ Untersuchungsausschuß soll Vorgänge bei FPR aufklären
Berlin. Noch am Montag hatte Innensenator Heckelmann (CDU) sich geweigert, vor Ende der laufenden Untersuchungen Konsequenzen aus den kriminellen Verstrickungen der Freiwilligen Polizeireserve zu ziehen. Nun scheint ein früherer Termin in Aussicht zu sein. Die SPD-Fraktion beschloß gestern die sofortige Auflösung der Hilfstruppe, der Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt will am Donnerstag Gespräche mit der CDU über das weitere Verfahren aufnehmen. Ihn treibt die Sorge, daß durch die kriminellen Verstrickungen der FPR das Gesamtbild der Polizei angeschlagen werde. Deshalb sei es Zeit, sich von der Truppe zu trennen. Staffelt erteilte einer möglichen Nachfolgeorganisation in einem anderen Gewand eine klare Absage. Der Schutz der Bürger sei Aufgabe professionell ausgebildeter Polizisten.
Staffelt rechnet sich für seinen Vorstoß gute Chancen aus. Auch der Regierende Bürgermeister halte nicht mehr so stramm an der Polizeireserve fest. Eberhard Diepgen hatte noch vor einer Woche „keine Veranlassung, die FPR in Frage zu stellen“. In der gestrigen Senatssitzung machte er diese Infragestellung immerhin von der weiteren Überprüfung abhängig. Die Riege der SPD-Senatoren hat hingegen, so Jugendsenator Thomas Krüger, bereits gestern „keinen Hehl daraus gemacht, daß sie die FPR für überflüssig hält“. Noch letzte Woche hatte Innensenator Dieter Heckelmann verkündet, er habe auch von der SPD volle Zustimmung zu seinem Festhaltekurs.
Unabhängig von deren weiterem Schicksal will die SPD auf jeden Fall einen Untersuchungsausschuß zur FPR einsetzen. Dieser soll auch prüfen, so Staffelt, „ob Ergebnisse unterdrückt wurden“. Er spielte damit auf eine generelle Überprüfung der FPR an, die 1985 vorgenommen wurde, nachdem ein rechtsradikales Mitglied der Hiwi-Truppe sich bei der Festnahme wgen Waffenhandels erschoß. Heckelmann als auch Polizeipräsident Hagen Saberschinsky hatten am Montag erklärt, von den Ergebnissen dieser Untersuchung nichts zu wissen. Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus, der die damalige Überprüfung angeregt haben soll, wollte gestern keine Angaben machen. Wenn diese Untersuchung Gravierendes zutage gefördert hat, muß sie, nach Einschätzung von Ex-Innensenator Erich Pätzold, auf dem Tisch des zuständigen Senators gelandet sein. Doch der damalige Amtschef Heinrich Lummer konnte sich daran gegenüber der taz „überhaupt nicht mehr erinnern“. Auch seinen Amtsnachfolgern Kewenig und Pätzold war von der Untersuchung nichts bekannt. Dieter Rulff
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