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Lasagne frei Haus

■ In der größten Notübernachtungseinrichtung tischt die Initiative "Berliner Frauen - Berliner Tafel" für Obdachlose auf

Moabit. „Diese Lasagne ist besser als die für meine Gäste“, sagt Franco Luci, Mitinhaber des Restaurants Belvedere in Dahlem, als zwei Köche mit riesigen duftenden Auflaufformen aus der Küche kommen. „Alles ist frisch gemacht, sogar die Nudeln.“ Die „Initiativgruppe Berliner Frauen – Berliner Tafel“ hatte den Wirt eigentlich gefragt, ob er Essen- oder Buffetreste für Obdachlose zur Verfügung stellen könne, das aber läßt das Lebensmittelhygienegesetz nicht zu. Normalerweise spende er ja nichts und Geld nur an Greenpeace, so Luci. Aber hier wisse er, daß das Essen richtig ankomme.

Mit zwei Autos voll mit Lasagne, Decken, Schuhen und Hustensaft aus einer Hausapotheke ging es am Mittwoch abend in die Turnhalle in der Turmstraße. Dort sind alle 50 Holzliegen belegt. Neben der Tür hustet ein schmächtiger junger Mann mit einem verletzten Arm, der alte Mann neben ihm rührt sich nicht unter seiner Wolldecke. Zwei Schlafstellen weiter starrt eine Frau in T-Shirt und abgewetzter Strickjacke apathisch in den Raum. Andere sitzen an den Tischen. „Mal was andereres als immer nur Eintopf“, freut sich Helmut, als der Duft durch die Halle zieht. Das Essen sei aber auch sonst nicht schlecht. „Es ist ganz in Ordnung hier. Man hat wenigstens nachts seine Ruhe.“

Die größte Notübernachtungseinrichtung der Stadt in der Turmstraße nimmt jeden auf. „Hier gibt es alles, auch Alkoholiker und Fixer“, sagt Klaus. Der gelernte Tischler ist schon seit sechs Jahren auf der Straße. „Das fing an, als ich zum ersten Mal aus dem Bau kam, Scheckbetrug und so. In meinem Beruf werde ich als Vorbestrafter nicht mehr genommen. ,Schwer vermittelbar‘ nennen sie das.“ Er wohnt seit zwei Tagen hier. Nach einem Krankenhausaufenthalt hat er es erst mal draußen versucht, aber „es war alles voll“. Helmut aus Lübeck ist schon seit der Öffnung der Turnhalle Ende Januar hier.

Die Aktion „Berliner Tafel“ sei überraschend gut angekommen, sagt Reina Mehnert, Präsidentin der „Initiativgruppe Berliner Frauen“. Seit fünf Tagen riefen ständig Supermärkte und Bäckereien an, die ihre Reste Obdachlosen zugute kommen lassen wollen. Am Mittwoch konnten sie 700 Pfannkuchen an fünf Wärmestuben verteilen. Ein Obst- und Gemüsegroßhändler aus Schönefeld habe ihnen angeboten, am Wochenende seine gesamten Überschüsse abzuholen, das sei ein halber LKW voll. „Diese Äpfel etwa“, sie weist auf zwei Kisten makellos knackiger Äpfel, „würden weggeworfen, weil die Sorte aus dem Vertrieb genommen ist.“ Alle 54 Mitglieder des Vereins machen bei der Aktion mit. Eigentlich hat sich die Initiativgruppe die Bildung eines Frauenforums zur Aufgabe gemacht, fördert Künstler und unterstützt soziale Einrichtungen. In Zukunft wollen die Frauen Immobilienfirmen um die Bereitstellung von Häusern oder Grundstücken angehen. „Was die brauchen, ist 'ne Wohnung“, so Mehnert. Ein Bekannter wolle dem Verein über zwei Jahre kostenlos ein Grundstück mit zehn Wohn- und einem Hygienecontainer zur Verfügung stellen.

In der Turnhalle ernten sie nicht nur Zustimmung. „Ihr wollt nur Geld verdienen, blöde Kühe, haut bloß ab!“ schimpft eine kleine Frau mit schwerer Zunge, deren strähniges Haar um das zerstörte Gesicht hängt. Dann bricht sie in Tränen aus. „Wir wollen uns das Leben nehmen, wir sind fertig! Haut bloß ab.“ „Wenn ich jetzt in meine Wohnung mit 200 Quadratmetern komme, ist das schon ein komisches Gefühl“, meinte hinterher eine der Helferinnen. Corinna Raupach

Die Berliner Tafel ist unter 8231230 zu erreichen.

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