Black Sitcom Power

■ "The Cosby Show" und "The Fresh Prince of Bel-Air": Mit väterlichem Humor und kesser Lippe gegen rassismus

Millionen US-amerikanischer Fernsehzuschauer mochten „The Cosby Show“. Die Serie um den Alltag der freundlichen Familie Huxtable wurde in den Achtzigern zum Einschaltquotenrenner. Ob jedoch die gleiche Anzahl Menschen die schwarze Familie ohne weiteres als reale Nachbarn akzeptiert hätte, darf bezweifelt werden. Serienstar Malcolm Jamal-Warner hat andere Erfahrungen gemacht: Wenn seine Mutter im Flugzeug 1.Klasse reist, ist feindseliges Verhalten von Bordpersonal und Passagieren an der Tagesordnung.

Hypokrisie bestimmt den Umgang der weißen Bevölkerung der USA mit der afroamerikanischen Minderheit auch im Medienbereich: Zehn Jahre nach dem sensationellen Erfolg von „Roots“ hatten die zu Stars avancierten Hauptdarsteller der Serie noch immer größte Schwierigkeiten, adäquate Rollenangebote zu bekommen. Der Regisseur Stephen Tolkin (weiß) berichtete, daß selbst aufgeklärte Menschen seines eigenen Teams sich angewidert abwandten, als für den HBO-Fernsehfilm „Daybreak“ eine intime Liebesszene mit Moira Kelly (weiß) und Cuba Gooding jr. (schwarz) gefilmt wurde. Stephen Galloway und David Lieberman untersuchten 1991 die Beschäftiungssituation von Minoritäten innerhalb der Film- und TV-Branche. Sie kamen, wie bereits der Vorsitzende der United States Commission on Civil Rights, zu dem Fazit: Die Amerikaner sind eine „rassistische Nation“.

Bill Cosby, Erfinder, Produzent und Hauptdarsteller der „Cosby Show“, schlug eine Bresche in die Mauer der Intoleranz, indem er unspektakulär das Leben der schwarzen Oberklasse vorführte. Die Episoden dieser „Situation Comedy“ drehen sich um alltägliche, fast banale Dinge, um Erziehunsfragen, das Älterwerden, die Probleme der heranwachsenden Kinder. Der Gebrauch von Schimpfworten ist den AutorInnen streng untersagt, der Umgangston stets freundlich-gepflegt. In ihrer Studie zum US-Fernsehen bezeichnet die Untersuchungskommission der American Psychological Association (APA) die „Cosby Show“ als Beispiel positiver Entwicklungen innerhalb der Unterhaltungsindustrie.

Trotz vielfältiger, unaufdringlich angebrachter Verweise auf die afroamerikanische Kultur bekam Cosby auch Kritik zu hören – er vernachlässige die tatsächlichen Lebensbedingungen der schwarzen Amerikaner zugunsten eines heiter-harmonischen Familienidylls. Der idealisierte „Fernsehvater“ Cosby wird denn auch besonders gern von afroamerikanischen Komikern aufs Korn genommen – beispielsweise in der vom gleichen Network ausgestrahlten Sitcom „The Fresh Prince of Bel-Air“. Auch hier steht eine afroamerikanische Familie der Oberschicht im Zentrum des Geschehens, aber die AutorInnen sparen nicht mit bissigen Seitenhieben auf schwarze Karrieristen, die ihre Wurzeln verleugnen. Für eine gewisse Bodenständigkeit sorgt Will Smith alias „Fresh Prince“. Der im Duo mit D.J. Jazzy Jeff auch als Rapper erfolgreiche Darsteller spielt im Grunde sich selbst: einen redegewandten Homeboy, der schon frühzeitig mit Diskriminierung und Willkür konfrontiert wurde. Seine kapriziösen Vettern und Kusinen kennen dagegen nur das Dolce Vita im noblen Wohnviertel Bel-Air. Sie verkehren mit Hollywoods Jet-set; der Begriff Geldnot hat für sie allenfalls abstrakte Bedeutung. Anders als in der „Cosby Show“ wird der ganz gewöhnliche Rassismus in dieser Sendereihe explizit veranschaulicht, etwa in jener Episode, in der Will und sein Vetter Carlton die Luxuslimousine eines Bekannten der Familie zu dessen Urlaubsort überführen – und prompt von weißen Polizisten angehalten und des Diebstahls verdächtigt werden. Die Einhaltung der Bürgerrechte ist nicht gerade vornehmstes Anliegen der Cops, und so verfallen die beiden unschuldig Einsitzenden auf einen Trick: Carlton verspricht, ein sensationelles Geständnis abzulegen – sofern seine Aussage live vom Fernsehen übertragen wird. Die ehrgeizigen Polizisten erfüllen diese Forderung, und Carlton erreicht via TV endlich seine Eltern – auch ein ironischer Kommentar zum Stellenwert des Mediums in der US-Gesellschaft.

Nicht immer allerdings ist der Tonfall so bitter-komisch, kommt die Botschaft so eindeutig daher. Eingebettet in die jeweiligen Episoden sind Slapstick, Parodien, freche Bonmots, viel Musik und immer wieder witzige Gastauftritte von Prominenten in oft kleinsten Nebenrollen. In den letzten Folgen waren u. a. Fotomodell Naomi Campbell, Sänger Al B. Sure, Rapper Heavy D., Boxer Evander Hollifield und Schauspieler Richard „Shaft“ Roundtree zu sehen. Nicht zu vergessen der Musiker, Komponist, Arrangeur und Produzent Quincy Jones, dessen Firma „Quincy Jones Entertainment“ an der Herstellung dieser Serie maßgeblich beteiligt ist. Harald Keller

Bill Cosby Show, täglich gegen 12.15 Uhr und 18.30 Uhr auf Pro7

Der Prinz von Bel-Air, samstags gegen 13.30 Uhr auf RTL