■ Keine Revision des Startbahn-Urteils für Eichler: Fader Beigeschmack
Die vier Richter und die eine Richterin der 3. Strafkammer am Bundesgerichtshof (BGH) haben es sich einfach gemacht – trotz der durchaus diskussionswürdigen Revisionsbegehren sowohl der Bundesanwaltschaft (BAW) als auch der Verteidiger von Andreas Eichler. Die RichterInnen in den roten Roben haben mit der Verwerfung der Revisionsbegehren dafür gesorgt, daß die vor allem von der Verteidigung vorgetragenen Zweifel an der sich alleine auf die von der Bundesanwaltschaft vorgelegten Indizien stützende Verurteilung von Eichler als „Totschläger“ durch das OLG fortbestehen werden. Mit der von der Bundesanwaltschaft aufgeworfenen Frage: „Mord oder Totschlag?“ hat sich der BGH in Karlsruhe erst gar nicht beschäftigt: „Mit einer solch ungeheuren Entscheidung können wir uns nur übernehmen“, hatte der Vorsitzende Richter der 3. Kammer am BGH, Ruß, bereits am vergangenen Mittwoch während der zweistündigen mündlichen Verhandlung um die Revisionsbegehren vor- und für die Kammer fürsorglich erklärt.
Einfach gemacht hatte es sich allerdings auch schon das OLG in Frankfurt: Die Nichtvereidigung eines vermeintlichen Tatzeugen aus der Szene, der vor Gericht seine ursprüngliche Aussage, nicht Andreas Eichler, sondern der Startbahn-Gegner Frank Hoffmann habe an besagtem 2. November 1987 im Mönchbruchwald auf die Polizisten geschossen, revidierte, war eine gravierende Unterlassungssünde des OLG. Und daß das Frankfurter Gericht die vom Landeskriminalamt (LKA) auf den Handschuhen von Eichler festgestellten Nikotinspuren ignorierte, war für die Anwälte ein weiterer Grund, die Revision des Urteils zu beantragen: Eichler ist Zeit seines Lebens Nichtraucher. Und Eichler behauptet nach wie vor, er sei nicht der Cop-Killer vom Startbahn-Wald – und daß er am Tattag die Handschuhe mit den Schmauch- und Nikotinspuren an Hoffmann „verliehen“ habe.
Vom OLG zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags und anderer Delikte verurteilt wurde Eichler wegen der Schmauchspuren an seinen Handschuhen, seinem Hemd und seiner Haßmaske. Und die Sig-Sauer-Pistole, aus der mindestens 14 Schüsse mit 9-mm-Parabello-Munition auf die an der Startbahn eingesetzten Polizisten abgefeuert worden waren, fand die Kripo am Tag nach der Bluttat in seinem Rucksack. Die Indizien sprechen eine deutliche Sprache. Doch mit der Ablehnung der Rückverweisung des Verfahrens an eine andere Kammer des OLG haben die Bundesrichter die letzte Möglichkeit verbaut, die allerletzten Zweifel an der Täterschaft des Verurteilten ausräumen zu können. Das Urteil ist mit der BGH-Entscheidung rechtskräftig geworden. Es bleibt – wie bei fast allen Urteilen, die sich einzig auf Indizien stützen – ein fader Beigeschmack zurück.
Freuen über die Entscheidung des BGH wird sich nur eine (moralische) Institution in diesem Lande: der Bund der Steuerzahler. Die enormen Kosten für eine Wiederholung des Verfahrens vor dem OLG Frankfurt hätte nämlich indirekt der Steuerzahler zu tragen gehabt. Aus den Taschen eines zu 15 Jahren Haft verurteilten Delinquenten ist nämlich nichts zu holen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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