: Der mit dem "Dicken" ritt
■ Reitlegende Fritz Thiedemann wird am Mittwoch 75 Jahre alt / Ein Portrait des Weddinghuseners
wird am Mittwoch 75 Jahre alt /Ein Portrait des Weddinghuseners
Sein bestes Pferd hat heute einen größeren Bekanntheitsgrad als der Reiter selbst: Jeder kennt Meteor, den Wundergaul, der 1956 und 1960 unter Fritz Thiedemann olympisches Mannschafts-Gold gewann. Die Vorteile liegen trotzdem bei Thiedemann. Während Meteor schon lange sein Gnadenbrot verzehrt hat und nur noch in Bronze gegossen vor dem Kieler Landwirtschaftsministerium zu bewundern ist, lebt Fritz Thiedemann noch quietschvergnügt in der Nähe von Elmshorn und feiert am kommenden Mittwoch seinen 75. Geburtstag.
Fritz Thiedemann hat mit dem „Dicken“ ein Stück Reitsportgeschichte geschrieben. Gleich zweimal waren der Landwirt, geboren in Weddinghusen, und sein Holsteiner bei Olympia mit der Mannschaft erfolgreich. Gar lustige Journalisten überschlugen sich, um Interviews mit dem „Wundergaul“ liefern zu können, eine Spielart, die auch heute noch ab und zu in blöden Blättern auftaucht. Reiter und Pferd nahmen es gelassen.
Thiedemann war der Mann der Rekorde im Reitsport. In seiner faszinierenden Laufbahn hat er rund 550 Springen gewonnen. Dazu gehörte auch fünfmal das Deutsche Derby in Klein-Flottbek, ein Rekord der bis zum letzten Jahr Bestand hatte. Einen anderen Rekord hatte Thiedemann im Jahr 1952 aufgestellt. Damals war er bei den olympischen Spielen in Helsinki gleich in der Dressur und im Springen angetreten, als bisher einziger Reiter holte er in beiden Disziplinen Medaillen.
In Weddinghusen, wo Thiedemann heute wieder lebt, legen sich Lachfalten auf das verwitterte Gesicht, wenn er an damals denkt: „Der Sport hat sich sehr verändert - die Jagd nach Punkten wurde von der Jagd nach Geld abgelöst“. Summen, wie sie heute an Sieger bezahlt werden, waren damals nur in Träumen vorhanden, für Thiedemann wären es Alpträume gewesen. Er verdiente sein Geld nie als Sportler sondern als Landwirt.
Dem Pferdesport frönt er aber noch heute: „Die großen Turniere besuche ich alle, da gibt es immer viele Bekannte zu treffen“. Und ein wenig ärgert er sich dann auch gerne: „Wenn ich die alten Männer sehe, dann glaube ich, daß ich wohl doch zu früh abgetreten bin“. 32 Jahre ist das jetzt her, seit er in Aachen seinen Hut nahm. ank
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