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: Leider Kintopp

■ Ost-Tatort: "Verbranntes Spiel", So., 20.15 Uhr, ARD

Ost-Tatort: „Verbranntes Spiel“, So., 20.15 Uhr, ARD

Alles Böse kommt von Westen. Der Hort allen Ungemachs läßt sich gar noch exakter lokalisieren: Stuttgart. Im Schwäbischen wirken zwielichtige Mächte, die dem tüchtigen Ost-Industriellen Willigerodt ein gewinnträchtiges Patent abjagen wollen. Attraktive finanzielle Offerten führen die alerten Westmanager nicht zum Ziel, da der wackere Ostmann den Mißbrauch seiner Entwicklung fürchtet. Folglich wird konspiriert, daß sich die Balken biegen.

Die zielsicher plazierte Industriespionin vernascht kurzerhand Firmenchef samt Schwiegersohn, ruiniert vollends die ohnehin zermürbten Familienverhältnisse und wird dafür via Lasertechnik zu Tode gebrutzelt. Durch all diese Zerwirrnis tapert [tappert ziemlich eingewestet wie Kollege „Derrick“ d.R.], bedenklich den Kopf wiegend, der Dresdner Kommissar Ehrlicher, ein Freund des Industriellen, der eigentlich nur zu dessen sechzigstem Geburtstag gratulieren wollte.

Die bisherigen Beiträge des MDR zur „Tatort“-Reihe sind in recht guter Erinnerung. Mit Kommissar Ehrlicher (Peter Sodann) und seinem Assistenten Kain (Bernd Lade) bereicherte der Ostsender den Klan der Tatort-Ermittler um zwei glaubwürdige Figuren mit amüsanten Schrullen, die bislang psychologisch fundierte, durchaus realitätsnahe Fälle zu klären hatten. Diesmal wurde ein wenig dicker aufgetragen: avancierte Technologie, Erpressung, Geheimnisverrat. Beziehungsweise: Sex, Crime und Product placement für Abtei-Gesundheitstee sowie Dallmayr-Kaffee (in dubio pro domo?).

„Wie im Kintopp, was“, produziert sich Willigerodt einmal jovial. Der Zuschauer entgegnet leis: Ja, leider. Zwar suchte Autor Knut Boeser erneut das fatale Geschehen psychologisch zu motivieren, jedoch flocht er den Faden mit der ganz dicken Stricknadel zum Handlungsstrang.

Erst in der letzten halben Stunde geschah das eigentliche Kapitalverbrechen, und die Zeit für's Detektivspiel wurde merklich knapp: Lang und breit und gleich mehrfach rückte die Regie Indizien ins Bild, theatralisch ertönten entscheidende Sätze, falsche Fährten wurden in Trampelpfadbreite ausgelegt. Alle wußten Bescheid, nur der arme Ehrlicher schlurfte noch zweifelnd von einem Verdächtigen zum andern. Ein bißchen zu mathematisch und infolgedessen wenig glaubwürdig fügten sich schließlich Boesers Finten zu einem allerdings logischen Gesamtbild. Beim nächsten Mal täte es auch wieder eine Nummer kleiner. Und Bernd Lade („Karniggels“), der große Trumpf des MDR-Tatorts, hätte auf Dauer einen größeren Part verdient. Harald Keller