Schwarze Sheriffs ohne Hemmungen

■ Immer neue Klagen über rabiates Vorgehen von Wachdienstangehöriigen in S-Bahnen und Bahnhöfen / Keine Sonderrechte

von Wachdienstangehörigen in S-Bahnen und Bahnhöfen / Keine Sonderrechte

Seit einem Jahr setzt die Deutsche Bundesbahn in Zügen und Bahnhöfen private Wachdienste ein. Zweck: Das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der KundInnen soll gesteigert werden. Doch diese Maßnahme wird immer umstrittener. Ständig beklagen sich Fahrgäste und PassantInnen über das rüde Vorgehen der „Schwarzen Sheriffs“, die sich oft wie verkappte Djangos aufführen.

Schlechte Erfahrungen mit den „Schwarzen Sheriffs“ machten Bernd Harms und Michael Gartow. Beide tranken vor einigen Wochen in den Abendstunden im „Gourmet-Laden Hauptbahnhof“ ein Glas Wein, als private Wachleute sie aufforderten, sofort das Lokal zu verlassen.

Michael Gartow machte abfällige Bemerkungen. Tenor: „Könnt ihr nicht einen vernünftigen Beruf erlernen?“ Daraufhin zogen ihn die beiden Männer vom Hocker und drückten den schwerbehinderten Mann mit dem Ellenbogen „die Gurgel ab“. Harms: „Der lief schon violett an.“ Als Gartows Freundin dazwischenging, sei auch sie geschlagen worden. Harms: „Daraufhin habe ich einen Beamten kurz mit CS-Gas besprüht, damit er die Frau in Ruhe läßt.“ Erst als ein Polizist erschien, hätten die Sheriffs abgelassen.

Der Fall hat ein gerichtliches Nachspiel. Doch nicht etwa die Hilfssheriffs wurden verurteilt, Gartow und Harms bekamen Strafbefehle in Höhe von 100 Tagessätzen. Angeblich hatten sie die Männer verpügelt. Harms: „Mein rechter Arm ist fast gelähmt, damit kann ich nicht schlagen.“

Zeuge eines rüden Vorfalls wurde auch Taxifahrer Christian Behrens: Er beobachtete am Abend des vorigen Montags, wie „Schwarze Sheriffs“ in der menschenleeren Wandelhalle des Hauptbahnhofs einen Radfahrer stoppten. Als dieser nicht gleich vom Rad steigen wollte, zerrten sie den Mann zu Boden und drehten ihm den Arm um. Erst als wiederum Polizisten hinzukamen, ließen sie von ihm ab. Als der Mann jedoch wieder sein Rad bestieg, rissen sie ihn erneut zu Boden und legten ihm Handschellen an.

Schließlich wurde auch Regina Rambach Zeugin eines Übergriffs in der S-Bahn. „Das Rauchen ist nicht erlaubt“, zischten die Wachmänner einen Fahrgast an. Als der die Zigarette nicht sofort ausmachte, wurden die Aufseher rabiat. Rambach: „Einer zerrte ihn aus dem Wagen, wobei sein Opfer rücklings auf den Boden fiel.“

Einzelfälle? Wohl kaum. Denn die Sicherheitsfirmen geraten zunehmend in den Verdacht, ungeschultes Personal, Ex-Polizisten mit Disziplinarvergehen sowie ehemalige Bundeswehrsoldaten als Wachleute einzusetzen, die dann gern mal über die Stränge schlagen. Ihre Hauptaufgabe ist schließlich nach Bundesbahnangaben die Abschreckung von Pennern und Punkern.

Dabei haben Wachleute keine Sonderrechte. Polizeisprecher Mike Wenig: „Die haben Allemann-Befugnisse.“ Jeder habe das Recht, bei Straftaten jemanden festzunehmen und ihm Handschellen anzulegen, die Verhältnismäßigkeit müsse aber gewahrt bleiben. Wenig: „Wegen 'ner geklauten Banane darf man niemandem Handschellen anlegen.“ Wegen Radfahrens etwa? Kai von Appen