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Autofahrer harren auf Kohls Rückkehr

■ Im Streit um höhere Verkehrskosten zeichnet sich ein Mischmodell aus kleiner Vignette und mäßig höheren Mineralölsteuern ab / Entscheidung am Mittwoch abend / Spätere Maut wahrscheinlich

Bonn (taz/dpa) – Die Autofahrernation Deutschland wartet auf ihren Kanzler. Gleich wenn Helmut Kohl am Mittwoch Abend erschöpft von seiner Asienrundreise heimatlichen Boden betreten hat, soll entschieden werden: wieviel kostet künftig die freie Fahrt für freie BürgerInnen? Schon am Montag abend hatte es bei einer Sitzung der beauftragten Koalitionsarbeitsgruppe offenbar eine Vorentscheidung gegeben. Demnach stehen jetzt nur noch zwei Modelle zur Auswahl: entweder soll es eine Vignette in Kombination mit einer Mineralölsteuererhöhung geben oder ausschließlich eine höhere Benzinsteuer.

Im Verkehrsministerium mochte sich die Sprecherin Gabriele Grimm nicht zu dieser eindeutigen Schlappe ihres Dienstherrn Günther Krause äußern, der eine fixe Gebühr für AutobahnbenutzerInnen vorgeschlagen hatte und eine Mineralölsteuer kategorisch mit dem Argument ablehnte, Ausländer mit großem Tank könnten dann ganz ungeschoren durch Deutschland brausen.

Am Montagabend hatte es bereits Gerüchte gegeben, daß die Entscheidung für ein Mischmodell gefallen sei. Die für Anfang 1994 geplante Autobahnvignette soll demnach nur 180 statt der von Krause vorgeschlagenen 360 Mark kosten; auf jeden Liter Benzin sollten fünf bis sechs Pfennig Steuern zusätzlich aufgeschlagen werden. Einig war man sich offenbar auf eine spätere Einführung von Mautgebühren, die sich an den gefahrenen Kilometern orientieren. Aber offenbar gibt es in der Koalition auch eine starke Gruppe gegen das Modell. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Ekkehard Gies plädiert für eine reine Mineralölsteuer-Lösung, wobei die Anhebung stufenweise erfolgen könnte und etwa 10 bis 20 Pfennig betragen solle, damit etwa 8 Milliarden Mark in Finanzminister Theo Waigels Kasse fließen. Mit diesem Betrag könnten die Altschulden der Bahn bedient werden, so Gies. Und auch der Vorsitzende der Enquetekommission des Bundestages zum Schutz der Erdatmosphäre, Klaus Lippold (CDU), plädierte für höhere Mineralölsteuern und gegen die Vignette: sie sei ökologisch falsch und finanzpolitisch wenig praktikabel. Aber Günther Krause muß noch nicht alle Hoffnung fahren lassen, daß er doch noch zumindestens eine kleine Vignette durch bekommt, denn er hat ein schwergewichtiges Argument auf seiner Seite: Kanzler Kohl will eine Mischlösung.

Erwartungsgemäß kommentierte gestern auch wieder die SPD-Fraktionsvize Ingrid Matthäus-Maier wortgewaltig das sich abzeichnende Mischmodell: sie sprach von einer „Kopfsteuer für Autofahrer“. Und der SPD-Verkehrsexperte Klaus Daubertshäuser hat sicherlich nicht unrecht, wenn er sagt, der Vorschlag diene in erster Linie „der Gesichtswahrung des Bundesverkehrsministers“. Auch der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) bewertete den Plan als „halbherzige Scheinlösung, der viel Ärger schafft und wenig nützt“. aje

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