: GAL: Landesvorstand rüffelt Abgeordnete
■ Differenzen bei Hamburgs Grünen / Kritikpunkt: Verhalten in der Mieten-Debatte / Neuauflage des Interventionsstreits?
/ Neuauflage des Interventionsstreits?
Kein Friede bei Hamburgs Grünen. Zwei Wochen nach der kontroversen Mitgliederversammlung zur Frage eines Militäreinsatzes in Bosnien-Herzegowina wird deutlich, daß der harmonische Schein der GAL allmählich erlischt.
Da ist zum einen eine gestern veröffentlichte Presseerklärung des Landesvorstands, in der das Verhalten der Fraktion in der Bürgerschaftssitzung am vergangenen Donnerstag „bedauert“ wird. Die grünen Parlamentarier hatten bei der Debatte um die Mietenpolitik des Senats die Rücktrittsanträge von CDU und FDP gegen Bürgermeister Voscherau und Bausenator Wagner unterstützt. Dadurch, so der Landesvorstand, sei „der falsche Eindruck entstanden, die GAL habe sich der mieterfeindlichen Position von CDU und FDP angeschlossen“.
Peanuts? Eigentlich schon, und — gemessen an der auf Harmonie bedachten Zurückhaltung des Landesvorstands in den vergangenen eineinhalb Jahren — kein Grund zur öffentlichen Auseinandersetzung. Der Bürgerschaftsabgeordnete Peter Zamory versucht denn auch abzuwiegeln. Eigentlich seien Fraktion und Landesvorstand nicht soweit voneinander entfernt. Auch die Parlamentarier wollten das, was die Parteiführung in ihrer Erklärung einfordert: Eine Diskussion um alternative Strategien zur Bekämpfung der Wohnungsnot. Beim Abstimmungsverhalten am vergangenen Donnerstag habe es sich um eine „Demokratiefrage“, um eine Absage an das arrogante Verhalten der SPD gehandelt, nicht um eine Bewertung der Mietenpolitik.
Für Landesgeschäftsführer Aram Ockert stellt sich die Situation etwas anders dar. Die Haltung der Fraktion zum Thema Saga-Mieten sei nicht geeignet klarzustellen, „auf wessen Seite wir stehen“. Und der Vorstand formuliert ganz im Sinne der SPD-Argumentationslinien, „die Grünen setzen sich dafür ein, daß der im öffentlichen Einfluß befindliche Wohnungsbestand auch mietdämpfend genutzt wird“.
Da ist zum anderen ein Aufruf der Gesellschaft für bedrohte Völker zu einer Demonstration gegen den Völkermord in Bosnien-Herzegowina, in dem es heißt: „Nur eine entschlossene Aktion der internationalen Gemeinschaft, die keinen Weg des Handelns ausschließt, kann die Rückkehr zum Frieden in Bosnien-Herzegowina erzwingen.“ Unterzeichner: zahlreiche grüne Interventionsbefürworter, deren Position auf der Mitgliederversammlung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden war. Völlig unakzeptabel sei es, so heißt es in dem Beschluß, daß Abgeordnete der GAL ihre hervorgehobene Stellung zur Propagierung eines humanitären Bellizismus nutzen. Weiterer Streit dürfte programmiert sein. uex
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen